DIE STORY: „Boy 7“ ist eine europäische Variante der derzeit stark angesagten Jugend-Geschichten, die in einer zerstörerischen und manipulativen Welt spielen.
In der deutschen Verfilmung des Romans der Holländerin Mirjam Mous spielt David Kross die Titelfigur, den Boy 7. Der taucht eines Tages in einer Hamburger U-Bahn-Station auf – ohne Erinnerung, aber von der Polizei verfolgt. Mit allen Mitteln versucht er, den Rätseln seiner Identität und seiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen.
Stück für Stück setzt Sam (das ist, wie er herausfindet, sein Name) das Puzzle zusammen. Eine junge Frau – Lara alias Girl 8 (Emilia Schüle) – ist ihm dabei streckenweise eine große Hilfe. Gemeinsam entdecken die beiden die Konturen einer verbrecherischen Organisation, die sich hinter der Fassade eines Resozialisierungs-Programms versteckt.
DIE STARS: David Kross, 25, spielte mit 15 seine erste Hauptrolle in Detlev Bucks „Knallhart“ und wurde mit 17 international bekannt: In Stephen Daldrys Verfilmung des Bestsellers „Der Vorleser“ war er der Partner der späteren Oscar-Gewinnerin Kate Winslet. Stephen Spielberg holte Kross 2011 ins Ensemble seines Kriegsdramas „Gefährten“.
Emilia Schüle, 23, übersiedelte als Kleinkind mit ihren Eltern aus Russland nach Berlin. In den letzten Jahren eroberte sie vor allem in TV-Filmen eine Spitzenposition unter den jungen Talenten der deutschen Schauspiel-Szene.
Jörg Hartmann wurde als exzentrischer Dortmunder „Tatort“-Kommissar Faber zum Star. Jens Harzer ist einer der führenden deutschen Bühnenschauspieler und seit Jahren Ensemble-Mitglied am Thalia-Theater Hamburg.
Der Hamburger Autor/Regisseur Özgur Yildirim schaffte mit dem Gangsterdrama „Chiko“ und der Hip-Hop-Komödie „Blutzbrüdaz“ den Durchbruch.
DIE KRITIK: „Du weißt nicht, wer du bist. Aber du weißt, dass sie hinter dir her sind“: Mit diesem griffigen Motto geht „Boy 7“, der düstere Jugend-Science-Fiction-Thriller, an den Start.
Die Anfangs-Sequenzen des Films sind mitreißend. Man sieht, wie David Kross als noch namenloser und schwer verstörter junger Mann von irgendwoher in eine U-Bahn-Station taumelt. Man sieht, wie Polizisten auf ihn zulaufen und wie ihm in letzter Sekunde die Flucht gelingt. Er macht sich auf den Weg zu einem Restaurant, dessen Karte er bei sich trägt: „Kennt ihr mich? War ich schon mal hier?“ Auf der Toilette findet er ein Notizbuch. Es ist seine Handschrift. Der Text ist von ihm verfasst und an ihn gerichtet: „Ich schreibe dir das für den Fall, dass ich mich so wie die anderen nicht mehr erinnern kann.“
Was ist da los?
In Rückblenden eröffnet sich die Story. Der Junge heißt Sam, Samuel Labuda. Er ist ein Außenseiter, ein Computer-Nerd, der in der Schule nur wegen seiner Hacker-Qualitäten beliebt ist. Als er einem Mädchen, das er verehrt, per Computer die Noten verbessern will, fliegt er auf.
Sam wird zu einem Aufenthalt in der Kooperation X verdonnert. In dem Gebäudekomplex, der ausschaut wie ein Luxus-Internat, sollen junge Straftäter zurück auf den rechten Weg gebracht werden. Mit militärischem Drill: Aus Sam wird Boy 7. Der freundet sich ganz langsam an mit Lara, dem aufrührerischen Girl 8.
Gemeinsam kommen die beiden drauf, dass es in dem Institut nicht mit rechten Dingen zugeht, da kann der Direktor Fredersen (Jörg Hartmann) noch so salbungsvoll daherreden. Es gibt Tote. Es gibt Zöglinge, deren Wille gebrochen wird oder die ihr Gedächtnis verlieren. Und immer wieder scheint Isaak (bravourös gespielt von Jens Harzer) in die Affären entwickelt zu sein, der diabolische Assistent des Direktors.
Freilich: Je näher die Lösung kommt, um so banaler wird der Film. David Kross und Emilia Schüle spielen sich die Seele aus dem Leib, aber gegen die Untiefen des Drehbuchs sind sie machtlos. Eine Kampf-Sequenz, in der die Kids mit einer schlimmen Variation von Paintball-Waffen aufeinander schießen müssen, wirkt wie „Die Tribute von Panem“ für Arme. Die ganze mysteriöse Angelegenheit, stellt sich heraus, ist zwar sehr perfid, aber doch im Kern eher schlicht.
So hinterlässt „Boy 7“ einen leicht zwiespältigen Eindruck. Auf der Plus-Seite stehen die starke Film-Eröffnung, das gute Ensemble und das dynamische Tempo, mit dem Regisseur Özgur Yildirim den Lauf der Dinge vorantreibt. Die Story von Mirjam Mous allerdings kann mit den Qualitäten von Vorbildern wie „Panem“ oder „Die Bestimmung“ nicht mithalten.
IDEAL FÜR: Fans von jugendlich angehauchten Science-Fiction-Thrillern, die die Wartezeit bis zum Abschlussfilm von „Panem“ überbrücken wollen.