DIE STORY: Im Dokudrama „Boston“, das zeitweise spannend ist wie ein Thriller, geht es um den Terroranschlag auf den Marathon in der US-Metropole Boston am 15. April 2013. Drei Menschen kamen ums Leben und 264 wurden verletzt, als die aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Brüder Tamerlan und Dschochar Zarnajew zwei Bomben im Zielbereich des Sport-Events detonieren ließen.
Der Film wählt die Perspektive der Polizisten, die bei der Sicherung des Marathons und später bei der Jagd nach den Tätern im Einsatz sind. Hauptfigur ist der Polizei-Sergeant Tommy Saunders (Mark Wahlberg), der die Explosionen aus nächster Nähe miterlebt. Als sich der Terror-Verdacht bestätigt, übernimmt der FBI-Mann Richard DesLauriers (Kevin Bacon) die Ermittlungen.
Bald gelingt es, durch die Auswertung von Überwachungskameras die Attentäter zu identifizieren. Die Spur führt in den Vorort Watertown, wo die Zarnajew-Brüder gesichtet werden. Tamerlan, der Ältere, wird niedergeschossen und versehentlich von seinem Bruder überfahren. Er stirbt. Dschochar Zarnajew versteckt sich daraufhin unter der Plane eines abgestellten Bootes, wo er nach einer Schießerei mit vielen Verletzten schließlich verhaftet werden kann.
DIE STARS: Regisseur Peter Berg und sein Hauptdarsteller Mark Wahlberg arbeiten in „Boston“ bereits zum dritten Mal in kurzer Zeit zusammen. Alle drei Filme basieren auf wahren Ereignissen. In „Deepwater Horizon“ (2016) ging’s um die Katastrophe auf der Ölplattform gleichen Namens; Wahlberg spielte einen Sicherheits-Spezialisten. In „Lone Survivor“ (2014) sah man Wahlberg als US-Elitesoldaten, der als einziger seiner Einheit ein Himmelfahrtskommando im Afghanistan-Krieg überlebte.
Mit John Goodman, Kevin Bacon und J. K. Simmons schlüpfen in „Boston“ drei Topstars in die Montur der Ermittler nach dem Marathon-Attentat. Der 19-jährige Alex Wolff, der den muslimischen Terroristen Dschochar Zarnajew spielt, ist im wirklichen Leben ein Musiker und Schauspieler aus New York.
DIE KRITIK: Der Anschlag auf den Boston Marathon im Jahr 2013 ist in seiner Dimension zwar nicht mit den 9/11-Attentaten zu vergleichen, hinterließ aber dennoch eine traumatisierende Wirkung auf die USA, die wieder auf ihrem eigenen Staatsgebiet angegriffen worden waren. Kein Wunder also, dass die Attacke (und das Trauma) nun auch in Form eines Films aufgearbeitet werden.
„Boston“ beginnt mit der klassischen Dramaturgie eines Katastrophenfilms. Die Protagonisten werden in kurzen Szenen der Reihe nach vorgestellt, bis dann das Unheil naht. Wobei natürlich niemand mit dem blutigen Finale des Marathonlaufs rechnet: Der 15. April 2013, der „Patriots Day“ (so auch der Originaltitel des Films) ist ein Feiertag, an dem den Sportlern und den Zuschauern nach guter Laune zumute ist.
Doch dann explodieren die beiden Bomben. Regisseur Peter Berg hat dies sehr effektvoll ins Bild gesetzt. Sofort nimmt das Drama Fahrt auf. Es zieht jetzt seine Spur zwischen Mitgefühl (für die Opfer) und Jagdinstinkt (wer und wo sind die Täter?).
Man bekommt bei den Ermittlern einen Hauch von Kompetenzgerangel mit. Doch dann geht’s in Windeseile den Attentätern hinterher, wobei die Effizienz des Polizei-Apparats, wie sie hier vorgeführt wird, durchaus zum Staunen ist.
In einer riesigen Lagerhalle wird der Tatort nachgestellt; mit allen Fundstücken und Trümmerteilen von der Explosion. Die Auswertung der Bilder unzähliger Straßen- und Geschäftskameras führt schnell dazu, dass die Terroristen Gesichter bekommen. Und als die Zarnajew-Brüder erneut eine Gewalttat begehen (sie erschießen einen Polizisten), ist der Zeitpunkt des Finales nicht mehr fern. Von der Bombenexplosion bis zur Verhaftung des überlebenden Attentäters Dschochar Zarnajew vergingen 2013 kaum mehr als vier Tage.
Peter Berg inszeniert die Ereignisse mit dokumentarischer Faktentreue, die zugleich große Spannung hervorruft. Es sind die guten Amerikaner, denen man hier begegnet: Engagierte Cops und knochenharte Ermittler, die mit großer Entschlossenheit die Attentäter einkreisen. Über die Motive der Zarnajew-Brüder erfährt man freilich nicht viel. Eine Analyse, wie sie von unbeschwerten jungen Männern zu Terroristen wurden, liefert der Film nicht.
Sei’s drum: Als packendes Dokudrama ist „Boston“ sehr sehenswert. Das liegt auch an den Hauptdarstellern, die mit der gebotenen Coolness ihren Polizeidienst versehen.
IDEAL FÜR: Freunde solider Hollywood-Produktionen, deren Realismus auf wahren Ereignissen beruht.