GESAMTEINDRUCK: „Bombshell“ ist ein eindrucksvolles Dokudrama über prominente Journalistinnen des rechten US-Nachrichtensenders Fox News, die 2016 den mächtigen Senderchef Roger Ailes zum Rücktritt zwangen, weil sie ihm sexuelle Belästigung nachweisen konnten.
DIE STORY: US-Wahlkampf 2016. Die stramm konservative Moderatorin Megyn Kelly (Carlize Theron) erlebt einen Shitstorm des Fox-News-Publikums, nachdem sie den Kandidaten Donald Trump wegen dessen Sexismus angegriffen hat. Außerdem geht’s um die reale Fox-Moderatorin Gretchen Carlson (Nicole Kidman), die die Kündigung bekommt, und um die erfundene junge News-Produzentin Kayla Pospisil, die vom alten Senderchef Roger Ailes (John Lithgow) angebaggert wird. Als Gretchen Carlson Anzeige gegen Ailes wegen sexueller Nötigung erstattet, bricht ein Sturm los. Der steigert sich zum Orkan, als auch Megyn Kelly bekennt, vom Fox-News-Boss attackiert worden zu sein.
DIE STARS: Die prominenten US-Journalistinnen Megyn Kelly und Gretchen Carlson sowie ihre junge Kollegin Kayla Pospisil werden von zugereisten Hollywood-Stars porträtiert. Charlize Theron – sie ist auch „Bombshell“-Produzentin – stammt bekanntlich aus Südafrika. Nicole Kidman und Margot Robbie begannen ihre Karriere in Australien.
John Lithgow („Footloose“, „Hinterm Mond gleich links“) schaut dank meisterlicher Maske seinem korpulenten Rollenvorbild Roger Ailes täuschend ähnlich. Der Brite Malcolm McDowell („Uhrwerk Orange“) spielt den australischen Medien-Tycoon und Fox-News-Besitzer Rupert Murdoch. Regisseur Jay Roach machte sich mit den „Austin Powers“-Komödien, aber auch mit dem Politdrama „Trumbo“ einen Namen.
DIE KRITIK: „Bombshell“ ist eines dieser wunderbar mehrdeutigen englischen Worte: Es bedeutet Bombe genauso wie Sexbombe – und es kann auch eine „unerwartete Überraschung“ ankündigen. Als Filmtitel für dieses Sexismus-Drama aus der US-Medienwelt ist „Bombshell“ also bestens geeignet.
Roger Ailes, der mächtige Chef von Donald Trumps Lieblingssender Fox News, legt bei seinen Moderatorinnen Wert darauf, dass sie nicht nur von scharfem Verstand, sondern auch attraktiv sind – Sexbomben also, die bei ihren Moderationen im Studio oft von den sogenannten „Leg Cameras“ abgelichtet werden, die einen Blick auf ihre schönen Beine gewähren (Hosen sind bei den Fox-News-Damen vor der Kamera verpönt).
Wie sich herausstellt, liebt Ailes – definitiv das Gegenteil eines attraktiven Mannes – schöne Beine nicht nur auf dem Bildschirm. Er nutzt seine Macht, um von karrierehungrigen Mitarbeiterinnen sexuelle Gefälligkeiten einzufordern. Jahrelang kommt er damit durch, weil die betroffenen Frauen alles geheim halten. Doch eines Tages naht das Ende des Schweigens. Die Sexismus-Bombe platzt. Und Roger Ailes steht vor der unerwarteten Überraschung, mit Schimpf und Schande (aber vielen Abfertigungs-Millionen) aus dem Job gejagt zu werden.
Der Film über diesen Skandal ist aus den verschiedensten Aspekten fesselnd. Zunächst einmal liefert Regisseur Jay Roach einen analytischen Blick auf die von Hektik, Konkurrenzdruck und Angst geprägte Arbeits-Atmosphäre bei Fox News.
Der manipulative Charakter des Senders, der Fakten gern eine rechts gewirkte Gegenposition gegenüberstellt, für religiöse Fundamentalisten, Rednecks und Trump-Gläubige, ist nur ein Seitenthema, wird aber in markanten Szenen gestreift.
Im Mittelpunkt von „Bombshell“ stehen natürlich die drei Frauen, die den Hindernis-Parcours zwischen Karriere und sexueller Belästigung auf unterschiedliche Weise bewältigen.
Gretchen Carlson, eine ehemalige Miss America, bringt den Stein ins Rollen. Nicole Kidman spielt sie als emotional stets kontrollierte Schönheit mit Sturmfrisur, bei der nicht so recht klar wird, ob sie aus innerlicher Entrüstung Anzeige gegen den Senderchef erstattet – oder eher deswegen, weil ihre Laufbahn durch Degradierung und Entlassung jeden Glanz verliert.
Margot Robbie agiert höchst eindrucksvoll in der Rolle der Kayla Pospisil, die als Prototyp für viele junge Fox-Journalistinnen gelten kann. Eine Südstaaten-Schönheit aus streng christlichem Elternhaus, ist sie bei Fox News am Ziel ihrer Träume angelangt. Doch als Roger Ailes sie in seinem Büro dazu auffordert, ihren Rock immer höher und höher zu ziehen, zerbricht etwas in ihr. Ihr naiver Glaube, bei Fox News dem Guten, Wahren und Schönen zu dienen, ist dahin.
Hauptfigur des Films ist schließlich Megyn Kelly, seinerzeit die weibliche Gallionsfigur des Senders. Charlize Theron porträtiert sie als eiskalten Engel; als Karrieristin, die stets kühl kalkuliert. Einerseits folgt sie ihren Überzeugungen (die Attacke gegen Donald Trump!) – andererseits hält sie erst einmal den Mund, als die Vorwürfe gegen Ailes laut werden. Doch als sie offenbart, dass auch sie einst zu den Zielobjekten des Lüstlings im Chefbüro zählte, ist es um seine Karriere geschehen.
Ein Manko von „Bombshell“ ist es, dass die Inszenierung von Jay Roach den drei leading Laides persönlich nicht wirklich nahekommt – man erlebt sie, mit Ausnahme vielleicht von Kayla Pospisil / Margot Robbie, stets aus großer Distanz, was ihr privates Denken betrifft. Ein dicker Pluspunkt hingegen ist die Intensität, mit welcher der Film deutlich macht, wie schwierig und risikoreich das Berufsleben für Frauen sein kann, die sich in einer sexistisch aufgeladenen Männerwelt durchsetzen müssen.
IDEAL FÜR: FreundInnen großer, realistischer Kinodramen mit einem starken gesellschaftspolitischen Bezug.