Bohemian Rhapsody

Tolle Sounds und müde Dialoge


FilmClicks:
Ein Höhepunkt für den Film und für die Band: Queen beim Live-Aid-Konzert im Wembley-Stadion © 2018 20th CenturyFox
GESAMTEINDRUCK: Die Rock-Biografie „Bohemian Rhapsody“ begeistert mit großartiger Musik von Freddie Mercury und Queen, leidet aber unter einem schwachen Drehbuch und einer verwackelten Regie. 15 Jahre der Geschichte der Band werden wie im Schneller-Vorlauf-Modus abgespult.
 
DIE STORY: „Bohemian Rhapsody“ beginnt 1970 in London. Der Student und Flughafen-Arbeiter Farrokh Bulsara (Rami Malek), der sich später Freddie Mercury nennen wird, bietet sich dem Gitarristen Brian May und dem Drummer Roger Taylor als neuer Leadsänger ihrer Band Smile an. Aus Smile werden bald die Rock-Giganten von Queen. Der Film hakt ihre wichtigsten Karriere-Stationen ab. Er kümmert sich um den Aufstieg und den (gesundheitlichen) Fall von Freddie Mercury, um schließlich mit dem Queen-Auftritt beim Live-Aid-Event 1985 in London zu enden. 

Große Ähnlichkeit: Rami Malek & Gwilym Lee als Freddie Mercury & Brian May © CentFox

DIE STARS: 2018 ist das Jahr des Rami Malek. Der Kalifornier, Sohn ägyptischer Einwanderer, beeindruckte im Remake von „Papillon“ und spielt nun als Freddie Mercury die größte Rolle seines Lebens.
Die Queen-Musiker Brian May, Roger Taylor und John Deacon werden von Gwilym Lee, Ben Hardy und Joseph Mazzello gespielt:  Eher unbekannte Schauspieler, die aber eine große Ähnlichkeit mit ihren Rollenvorbildern mitbringen.
In kleineren Rollen glänzen Lucy Boynton („Mord im Orient-Express“) als Freddie Mercurys Geliebte und spätere Vertraute Mary Austin sowie sowie Tom Hollander („Der Nachtmanager“) als Queen-Manager Jim „Miami“ Beach.
 „Austin Powers“-Star Mike Myers hat einen Cameo-Auftritt als skeptischer Produzent der Plattenfirma EMI, der nicht an den Erfolg des Sechs-Minuten-Songs „Bohemian Rhapsody“ glaubt. Was insofern recht witzig ist, als Myers den Hit 1992 ausgiebig in  seinem Film „Wayne’s World“ verwendete.

Freddie mit seiner Geliebten und Vertrauten Mary Austin (Lucy Boynton) © CentFox

DIE KRITIK: Ach, würde „Bohemian Rhapsody“ doch jene Episode aus der Queen-Ära ins Zentrum stellen, um die es im Filmtitel geht. Die Geschichte der opernhaften Rock-Hymne „Bohemian Rhapsody“ ist so aufregend, dass sie locker einen ganzen Film tragen könnte: Von der Komposition über die komplizierte Aufnahme, in der die vier Musiker dank vieler Playbacks wie ein Orchester mit Chor klingen, bis hin zur anfangs massiv negativen Reaktion von Plattenfirma und Presse.
Um solch ein Handlungsgerüst herum hätte man trefflich Porträts von Freddie Mercury und seinen Leuten anlegen können, die mehr Substanz haben als die Aufzählung von Lebens- und Karriere-Daten. Exakt Letzteres ist bei „Bohemian Rhapsody“ aber geschehen. Der Film ist eine Chronologie der Ereignisse aus den Jahren von 1970 bis 1985, verdichtet auf 135 Minuten. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass der Queen-Express zwar mit Höchstgeschwindigkeit über die Leinwand brettert, dort aber nur oberflächliche Eindrücke hinterlässt.
Man bekommt also Bilder von den ersten großen Tourneen der Band. Die Entstehung des Superhits „Bohemian Rhapsody“ wird in ein paar Minuten abgehandelt und zwischendurch geht’s auch um Privates, allerdings nur bei Freddie Mercury: Seine Verlobung mit Mary Austin und seine spätere Hinwendung zu Männern.
Was fehlt, sind Einblicke ins Leben der anderen Queen-Mitglieder. Die Entwicklung des spezifischen Queen-Sounds wird nur in ein paar Mini-Szenen thematisiert – die vier Musiker waren ja nicht nur Hit-Fabrikanten, sondern auch begnadete Klangtüftler, die lange auf den Einsatz von Synthesizern verzichteten.
Vielleicht liegt’s am Zeitdruck durch all die vielen Themen, dass die Dialoge ziemlich mickrig ausfallen. Die Darsteller tauschen sich miteinander im Husch-Husch-Modus aus, und manchmal wird’s peinlich: Wenn etwa Freddie Mercury seinen Band-Kollegen die tragische Diagnose mitteilt, dass er an Aids erkrankt sei, dann reagieren die anderen so oberflächlich darauf, als wäre der Film eine Seifenoper fürs Fernsehen.
Vielleicht sind aber auch die schwierigen Begleitumstände des Projekts verantwortlich dafür, dass „Bohemian Rhapsody“ unter seinen Möglichkeiten bleibt. Drehbuchautor Peter Morgan, der mit „Die Queen“ oder dem Niki-Lauda-Drama „Rush“ bewies, wie gut er Biopics schreiben kann, wurde unterwegs durch Anthony McCarten ersetzt. Und Regisseur Bryan Singer, der Macher von „Die üblichen Verdächtigen“ und „X-Men“, bekam gar während des Drehs die fristlose Kündigung. Der Brite Dexter Fletcher („Eddie The Eagle“) brachte die Aufnahmen dann zum Ende.
Trotz aller Schwächen gibt es aber zwei Gründe, warum Queen-Fans „Bohemian Rhapsody“ anschauen sollten. Erstens: Rami Malek, der Darsteller von Freddie Mercury, macht seine Sache großartig. Er bekam zwar leicht grotesk wirkende künstliche Zähne verpasst, um seinem Rollenvorbild noch ähnlicher zu sehen,  aber er weckt den verstorbenen Superstar auf der Leinwand wieder zum Leben. Mal bescheiden, mal überheblich, mal flirrend exzentrisch und mal abgrundtief traurig: Rami Malek geht bravourös in der Rolle des Freddie Mercury auf.
Der zweite Grund, warum man „Bohemian Rhapsody“ nicht versäumen sollte, ist natürlich die Musik. Da haben Bryan May und Roger Taylor im Hintergrund ganze Arbeit geleistet: Sie polierten etliche Queen-Titel für die Filmversion auf. Man sieht bei den Musiknummern die Schauspieler agieren, aber zu hören sind fast immer Originale von Queen.
Ein besonderer Leckerbissen ist dabei der Mitschnitt vom Live-Aid-Konzert 1985, der zwar im Fernsehen, aber noch nie von der Band als Tonträger veröffentlicht wurde. Jetzt wurde der Gig (dessen Original man leicht auf YouTube findet) für den Film visuell nachgespielt und akustisch ins Soundtrack-Album aufgenommen.
 
IDEAL FÜR: Fans von Queen und Freddie Mercury.






Trailer
LÄNGE: 135 min
PRODUKTION: Großbritannien / USA 2018
KINOSTART Ö: 31.10.2018
REGIE:  Bryan Singer
GENRE: Biografie|Musikfilm
ALTERSFREIGABE: ab 6


BESETZUNG
Rami Malek: Freddie Mercury
Gwilym Lee: Brian May
Ben Hardy: Roger Taylor
Joseph Mazzello: John Deacon
Lucy Boynton: Mary Austin
Aidan Gillen: John Reed
Tom Hollander: Jim Beach
Allen Leech: Paul Prenter
Mike Myers: Ray Foster