Baumschlager

Sex, Lügen und Politik


FilmClicks:
„Baumschlager“: Meyrav Feldman, Moran Rosenblatt, Thomas Stipsits und Sólveig Arnarsdóttir (v. li.) © Filmladen
DIE STORY: Die Komödie „Baumschlager“ nimmt ein reales Ereignis im Nahen Osten zum Ausgangspunkt für eine rechtschaffen durchgeknallte Farce.
Es geht um den Rückzug des österreichischen Bundesheeres von der UNDOF-Mission der Vereinten Nationen im Jahr 2013. Folgt man dem Film, so war nicht die Sorge um die Sicherheit der Soldaten der Auslöser für den Abschied der Österreicher. Nein, es ging um den Film-Titelhelden Baumschlager, einen jungen Offizier, der ein gewaltiges Schlamassel auslöste.
Der Plot: Baumschlager (Thomas Stipsits), ein braver Mann aus der österreichischen Provinz, hat in Israel das süße Leben entdeckt und führt dort nicht nur ein Doppelleben, sondern eine amouröse Dreifach-Existenz. 
Weil die Mädels (aus welchen Gründen auch immer) auf den Biedermann stehen, hat er diesseits der Grenze ein Verhältnis mit der smarten israelischen Soldatin Sigal (Meyrav Feldman) und jenseits der Grenze eines mit der libanesischen Generalstochter Rania (Moran Rosenblatt). Daheim in Österreich wartet Ehefrau Martha (Gerti Drassl) auf ihn. Und natürlich hofft Baumschlager, dass seine Seitensprünge niemals auffliegen.
Doch da wir im Kino sind, hofft er vergebens. Baumschlager wird von israelischen Gangstern mit anzüglichen Fotos erpresst. In seiner Verzweiflung willigt er ein, für das Syndikat Drogen über die heiße Grenze zu schmuggeln. Natürlich geht dabei alles schief, was nur schiefgehen kann. Die Aktivitäten Baumschlagers führen zu einem Fiasko, das letztlich sogar die Waffenruhe zwischen Israel und dem Libanon bedroht.

Die Israelin Sigal (Meyrav Feldman) ist ganz verschossen in den Ösi Baumschlager (Thomas Stipsits) © Filmladen

DIE STARS: „Baumschlager“ ist die erste österreichisch-israelische Koproduktion eines Kinofilms. Das Drehbuch stammt von der israelischen Autorin Maayan Oz; die Regie übernahm der Wiener Harald Sicheritz. Der hat mit seinen Komödien, von „Hinterholz 8“ bis „Poppitz“,  einige der erfolgreichsten österreichischen Filme der letzten Jahrzehnte gedreht.
Sicheritz setzt gern Kabarettisten als Schauspieler ein. Bei „Baumschlager“ fiel seine Wahl auf Thomas Stipsits, der seine Sache sehr ordentlich macht. Er porträtiert den Offizier  als gemütliches Schlitzohr. Sein Baumschlager ist ein freundlicher Mann, der es faustdick hinter den Ohren haben muss – auch wenn man ihm das gar nicht ansieht.
Gerti Drassl spielt als Baumschlagers Gemahlin Martha eine ähnliche Rolle wie in der TV-Hitserie „Vorstadtweiber“: Eine betrogene und scheinbar naive Ehefrau, die sich mit List und Mut auf den Weg macht, um den Geheimnissen ihres Gatten auf den Grund zu kommen.
Die israelischen Darsteller des Films spielen hervorragend, sind hierzulande aber eher unbekannt. Doch das gilt umgekehrt für Thomas Stipsits und Gerti Drassl in Israel wohl auch.

Martha (Gerti Drassl) reist nach Israel, um herauszufinden. was ihr Mann dort so treibt © Filmladen

DIE KRITIK: Der Offizier Baumschlager liefert in „Baumschlager“  die putzigste Erklärung für Seitensprünge, die man sich nur denken kann. Er habe doch immer nur die Nationen vereinen wollen, erklärt der Soldat der Vereinte-Nationen-Truppe die Tatsache, warum er niemals nein sagen kann, wenn eine schöne Frau um ihn buhlt  - sei sie nun Israelin, Libanesin oder die angetraute Ehefrau aus Österreich.
„Baumschlager“ ist ein ungewöhnlicher Film geworden, weil er sich einem sehr ernsten Thema – dem Nahost-Konflikt – mit den Mitteln der Komödie nähert. Die Mechanik erinnert an ländliche Schwänke aus lange vergangener Zeit. Der Humor wird aus den Peinlichkeiten destilliert, in welche die Protagonisten geraten. Und das Drehbuch reiht eine Menge scheinbar zufälliger Ereignisse aneinander, um möglichst viele Peinlichkeiten zu erzeugen.
Manchmal wirkt das jenseits von Gut und Böse, wie etwa im Fall des hysterischen libanesischen Bräutigams, der sich mehr für sein Gummikugel-Gewehr interessiert als für seine Verlobte. Oder im Fall des traumatisierten Geheimagenten Max (Anatole Taubman), der durchdreht, sobald er arabische Musik hört. Dann muss er sich sofort ausziehen und rennt splitterfasernackt durch die Botanik, um Ziegen zu suchen, von denen er sich offenbar erotisch angezogen fühlt.
Regisseur Harald Sicheritz gibt in solchen Sequenzen dem Affen Zucker, allerdings mit leicht angezogener Handbremse: Was der Agent Max konkret mit den Ziegen anstellt, wird nicht gezeigt. Und das ist wohl auch besser so.
In anderen Szenen wird der Film auf sarkastische Weise ziemlich ernst. Etwa dann, wenn Offiziere der verfeindeten Lager davon träumen, dass wieder scharf geschossen wird, weil ihnen der Frieden langweilig vorkommt. Oder dann, wenn Geschäftemacherei geschildert wird, in welcher die Profitgier alle ideologischen und geografischen Grenzen überwindet.
In Summe ist dieser österreichisch-israelische Film eine flotte Komödie mit einem explosiven politischen Fundament geworden. Unterhaltsam, wenngleich ohne großen Tiefgang.
Eine wichtige Anmerkung: „Baumschlager“ wird in einer vielsprachigen Original- und in einer deutschsprachigen Synchronfassung gezeigt. Wir wollen unbedingt das Original (mit Untertiteln für die hebräischen, arabischen und englischen Passagen) empfehlen.
Denn die Synchronfassung funktioniert überhaupt nicht. Wenn dort die österreichischen Darsteller ihre englisch gedrehten Texte auf Deutsch (und nicht lippensynchron) nachsprechen, während Israelis, Libanesen und Engländer in aller Selbstverständlichkeit Deutsch reden, dann bekommt der Film eine dilettantische Aura, die den Blick auf seine Qualitäten verstellt.
 
IDEAL FÜR: Freunde von Harald-Sicheritz-Komödien.  Und für Kinobesucher, die eine Nahost-Komödie mit Austro-Touch für eine interessante Idee halten.






Trailer
LÄNGE: 102 min
PRODUKTION: Österreich / Israel 2017
KINOSTART Ö: 22.09.2017
REGIE:  Harald Sicheritz
GENRE: Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Thomas Stipsits: Werner Baumschlager
Gerti Drassl: Martha Baumschlager
Meyrav Feldman: Sigal Cohen
Moran Rosenblatt: Rania
Sólveig Arnarsdóttir: Ulla Jensen
Anatole Taubman: Max Lang