Bad Fucking
Schräge Scherze und Endzeit-Stimmung
DIE STORY: Im alpinen Fremdenverkehrsort Bad Fucking haben die goldenen Zeiten ein Ende, als ein Bergrutsch die wichtigste Zufahrtsstraße verschüttet. Die Hotelzimmer stehen leer – die Dorfbewohner kommen auf dumme Gedanken. Es geht um Sex, Lügen und sehr, sehr abseitige Projekte. Der Film, der als schräge Österreich-Satire beginnt, wälzt sich einem düster-apokalyptischen Finale entgegen.
DIE STARS: Die Radikalgroteske „Bad Fucking“ bietet viele Stars der österreichischen Szene auf. Wolfgang Böck und Michael Ostrowski, Adele Neuhauser und Johannes Silberschneider haben Hauptrollen. Besonderes Kennzeichen? Die Darsteller agieren viel schriller und damit schablonenhafter als gewohnt. Das tut weder ihrem Spiel noch dem Film gut.
KURZKRITIK: Regisseur Harald Sicheritz hat mit Austro-Blockbustern von „Muttertag“ bis „Hinterholz 8“ immer wieder bewiesen, dass er eine Pratz’n fürs große Publikums-Kino besitzt. „Bad Fucking“ allerdings tritt nach hochfliegendem Beginn eine steile Talfahrt an. Anfangs delektiert man sich am Sitcom-Stil mit vielen kleinen Pointen. Doch später werden die vielen Handlungsfäden des Romans von Kurt Palm zum gordischen Knoten. Wenn dann, vom Autor so gewollt, Weltuntergangsstimmung eintritt, ist es Schluss mit lustig. Langeweile setzt ein. Was wiederum auch daran liegt, dass die Figuren ausnahmslos als Karikaturen voller Gier und Hinterlist gezeichnet sind. Es gibt keine Sympathieträger, denen man bis zum Finale die Daumen drücken mag.
IDEAL FÜR: Freunde von Austro-Farcen im knalligen Harald-Sicheritz-Stil, die in Kauf nehmen, dass der schrille Spaß der Story immer dunkler und dunkler wird.
FilmClicks Kritik. Der Anfang ist witzig. Das malerische Bad Fucking ist ein typisches Touristen-Nest in Österreichs Bergen, das wegen seines untypischen Namens die Touristen busweise anrauschen lässt. Die Sommerfrischler haben ihre Freude an dem Ortsnamen, der auf Englisch so herrlich zweideutig klingt. Wenn sie nicht gerade versuchen, die echte Ortstafel als Andenken mitzunehmen, dann kaufen sie im Souvenirshop eine Miniatur-Version; Gartenzwerg inklusive.
Die braven Menschen von Bad Fucking gehen derweil ihrem Tagwerk nach. Sie wollen Geld (alle), sie wollen Sex-Affären (der Zahnarzt), sie wollen ein Luxushotel ins Naturschutzgebiet am See stellen (der Bürgermeister), sie wollen den See vor dem Bürgermeister schützen (der Dorfgendarm), oder sie haben andere, zumeist wunderliche, Tätigkeiten im Sinn.
Dann bricht eines Tages ein großer Felssturz hernieder. Der begräbt nicht nur das Andenkenhändlerehepaar unter sich, sondern die Zukunftsträume der Dorfbewohner. Im Grunde begräbt der Felssturz aber den ganzen Film.
In den Eröffnungs-Sequenzen hat Regisseur Harald Sicheritz im TV-Sitcom-Stil das reichhaltige Personal vorgestellt und zahlreiche kleine Pointen zünden lassen. Da fühlt sich der Film ein bisschen so an, als wäre er eine alpine Version der Sicheritz-Serie „MA 2412“: Seltsame Menschen mit seltsamen Ansichten geben viel Anlass, (über sie) zu lachen.
Doch „Bad Fucking“ ist keine Sitcom, sondern die Verfilmung eines Romans von Kurt Palm. Der Querdenker, der einst die „Nette Leit Show“ mit Hermes Phettberg erfand, hat nicht einfach eine Satire geschrieben, sondern eine ausufernde Österreich-Groteske, deren Pointen immer düsterer werden. Obendrein hat er auf 277 Buchseiten jede Menge Raum, um viele Handlungsstränge auszulegen und zu verknüpfen.
Im Film ergibt das bald ein großes Kuddelmuddel. Bad Fucking nach dem Felssturz wird als sterbender Ort geschildert, der wegen der blockierten Straße seinen Tourismus verliert. Trotzdem bleibt das Nest aber problemlos erreichbar: Egal, ob eine Cheerleader-Truppe, ein Finanzhai oder gar die Innenministerin: Wer nach Bad Fucking strebt, der findet auch hin.
Im Publikum verliert man allerdings bald den Überblick. Der Bürgermeister will statt eines Luxushotels auf einmal ein Asylantenheim errichten. Der Zahnarzt wird wegen intimer Fotos erpresst. Der Dorfgendarm bereitet sich darauf vor, dass der See bald von Aalen beschwommen wird. Eine Cheerleader-Trainerin fällt in eine Höhle. Ein Höhlenbewohner wird ermordet. Die Innenministerin wird entführt. Und so fort.
Die erzählerische Vielfalt, der die provinzielle Einfalt der Dörfler gegenübersteht, tut dem Film nicht gut. „Bad Fucking“ zerfasert und wird trotz feiner kleiner Pointen irgendwann ziemlich fad. Was auch am Spiel-Stil liegt: Harald Sicheritz lässt keine Subtilitäten zu.
Wolfgang Böck wütet durch den Film, als wollte er sich an einem Druckkochtopf kurz vor der Explosion ein Vorbild nehmen. Michael Ostrowski ist auf Hysterie gebürstet. Die wunderbare Proschat Madani darf kaum einen Satz sagen, ohne kaugummikauend zu schmatzen. Auch Adele Neuhauser, Johannes Silberschneider oder Thomas Stipsits agieren hier so (ungewohnt) derb und vordergründig, als stünden sie auf der Bühne eines Bauernschwanks. Ein paar leise Zwischentöne hätten dem Film sehr gut getan.