Angelo

In der Fremde


FilmClicks:
„Angelo“: Der Mann aus Afrika (im Hintergrund) wird in Wien bei Hofe als Exot bestaunt © Filmladen
GESAMTEINDRUCK: „Angelo“ ist ein essayistischer Spielfilm von Markus Schleinzer, der am Beispiel des nach Wien zwangsübersiedelten Afrikaners Angelo Soliman (1720 – 1796) über Themen wie Migration, Heimat und Fremdsein reflektiert.
 
DIE STORY: Der Film beginnt mit einer Szene in Afrika, in der Sklavenhändler eine Gruppe von Einheimischen verschleppen. Eine Comtesse (Alba Rohrwacher) sucht sich einen Buben aus und lässt ihn auf den Namen Angelo taufen. Der Junge erhält eine solide Ausbildung  und kommt nach Wien, wo er zu einer exotischen Attraktion bei Hofe wird – mit Gesprächspartnern bis hin zum Kaiser. Allerdings bleibt Angelo für die Gesellschaft (und auch für sich selbst) ein Fremder in Europa. Und er wird nach seinem Tod noch einmal verfremdet: Sein präparierter Körper wird im Kostüm eines afrikanischen Stammesfürsten im Museum ausgestellt.

Angelo bleibt am kaiserlichen Hof in Wien ein Fremder © Filmladen

DIE STARS: Der Wiener Regisseur Markus Schleinzer machte zunächst als Castingdirektor Karriere, wobei er mit Regisseuren wie Ulrich Seidl oder Michael Haneke („Das weiße Band“) arbeitete. Sein Regie-Debüt „Michael“, das thematisch Anleihen am Fall Kampusch nahm, wurde 2011 in den Wettbewerb von Cannes eingeladen. „Angelo“ kam im Herbst 2018 zunächst bei den Festivals von Toronto und San Sebastian sowie bei der Viennale heraus.

Gerti Drassl als Amme © Filmladen

DIE KRITIK: „Angelo“ ist ein Kinodrama, das es seinem Publikum nicht leicht macht. Die Unerbittlichkeit, mit der die Titelfigur aus ihrem Leben gerissen und in eine neue Existenz gezwungen wird, findet ihre filmische Entsprechung in einem überaus strengen und kargen Inszenierungsstil, der vom Zuschauer viel Geduld und volle Konzentration einfordert. Zwar geschehen unentwegt aufwühlende Ereignisse, doch „Angelo“ strahlt nur in seltenen Momenten Emotionen aus.
Auch wenn man – wie der Rezensent – dieser extrem puritanischen Form von Kino eher ratlos gegenübersteht, sind die Qualitäten des Films beeindruckend. „Angelo“ besitzt eine große und attraktive Klarheit in der Bildsprache. Die Figuren sind mit sicherer Hand gezeichnet und in sich stimmig. DarstellerInnen wie Alba Rohrwacher (als Comtesse), Gerti Drassl (als Amme), Michael Rotschopf (als Fürst) oder Lukas Miko (als Kaiser) füllen kunstvoll gedrechselte Dialoge mit viel Inhalt.
Für die Rolle des Angelo in seinen verschiedenen Lebensepochen wurden zwar gleich fünf (bei uns weithin unbekannte) Darsteller gecastet, doch Regisseur Markus Schleinzer schafft es, die Angelo-Figur wie aus einem Guss erscheinen zu lassen.
Inhaltlich rückt Schleinzer, der auch das Drehbuch schrieb, den Fokus auf Themen wie Entwurzelung, Sehnsucht nach Heimat, Einsamkeit und Ausbeutung. All das wird sehr klug und analytisch vorgetragen. Ob die Botschaft den Zuschauer erreicht, hängt davon ab,  wie man mit dem sehr eigenwilligen Stil dieses Filmessays zurechtkommt.
 
IDEAL FÜR:  Cineasten, die Arthaus-Produktionen aus Österreich schätzen.






Trailer
LÄNGE: 111 min
PRODUKTION: Österreich / Luxemburg 2018
KINOSTART Ö: 09.11.2018
REGIE:  Markus Schleinzer
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Ange Samuel Koffi D'Auila: Angelo 1
Kenny Nzogang: Angelo 2
Ryan Nzogang: Angelo 3
Makita Samba: Angelo 4
Jean-Baptiste Tiémélé: Angelo 5
Alba Rohrwacher: Comtesse
Gerti Drassl: Amme
Lukas Miko: Kaiser
Michael Rotschopf: Fürst
Larisa Faber: Angelos Frau