Alles unter Kontrolle

In der Welt der Datensammler


FilmClicks:
Werner Boote: Der Filmemacher ist Haupt- und Selbstdarsteller der Doku „Alles unter Kontrolle“ © Thimfilm
DIE STORY: „Alles unter Kontrolle“ zeigt den Wiener Filmemacher Werner Boote auf den Spuren von Michael Moore.  So wie sein Vorbild stellt sich auch Boote selbst in den Mittelpunkt einer Dokumentation. Das Thema: Die allgegenwärtigen Möglichkeiten, die Bürger durch jene Spuren zu überwachen, die sie (oft genug freiwillig) im virtuellen Raum hinterlassen.  
Werner Boote und das Kinopublikum heben ab zu einer Reise um den Globus. In Österreich und Großbritannien, in den USA,  China und Indien findet der Regisseur Gesprächspartner und Indizien für die These seines Films: „Demokratie gibt es in der Welt der Daten nicht. Wer die Daten hat, hat die Macht.“
 
DIE STARS: Der Wiener Regisseur Werner Boote, 50, machte sich mit pointierten Dokumentationen wie „Plastic Planet“ (2009) oder „Population Boom“ (2013) einen Namen. Zu Beginn seiner Laufbahn drehte er auch Filme mit (Opern-)Sängern wie Andrea Bocelli und Kurt Rydl. Für „Alles unter Kontrolle“ bat Boote etliche internationale Überwachungs-Spezialisten vor die Kamera.

Indien: Werner Boote (re.) spendet testweise seine Fingerabdrücke © Thimfilm

DIE KRITIK: „Alles unter Kontrolle“ ist ein sehr unterhaltsamer Film. Die 93 Minuten vergehen wie im Fluge. Man bekommt Stoff zum Grübeln, zum Staunen und auch zum Lachen. Nur bedrohlich wirkt die Überwachungs-Doku nie.
Werner Boote, der Regisseur, Haupt- und Selbstdarsteller, führt die Betrachter sehr charmant und mit viel Witz in die schöne neue Welt der Datensammler. Allerdings erfährt man nicht viel, was nicht schon durch Julian Assange, Wikileaks oder Edward Snowden bekannt wäre.
Die Episoden schwanken zwischen interessant und originell. Der frühere britische Geheimdienst-Chef Sir David Omand etwadefiniert die Bewohner der freien Welt als naive kleine Hobbits, die es schätzen, dass es Wächter gibt, die sie beschützen. Ist das so?
Zu diesen selbsternannten Wächtern zählen gewiss die Agenten der NSA. Aber die passen im Film, wenig überraschend, darauf auf, dass ihnen ja kein freies Wort über ihre Tätigkeit entschlüpft.
Der Internet-Aktivist Jacob Appelbaum berichtet Kluges zum Thema Überwachung. Doch dann wischt er sorgsam das Glas ab, aus dem er gerade getrunken hat, um ja keine Fingerabdrücke zu hinterlassen: Ist das noch Vorsicht oder schon Paranoia?
So entwickelt sich ein Bilderbogen der Datenhamsterei und Datenverwertung, die in der Vermutung gipfelt, dass mittlerweile schlechthin alles gesammelt wird, was sich sammeln lässt. Und zwar, „weil es billiger ist, alles zu speichern, als zu entscheiden, was man speichern soll.“  
Dieser Ausspruch des Kryptografen Bruce Schneier könnte ein Anlass sein, um im Film die Sinnhaftigkeit der Sammelwut zu erörtern. Schließlich wird die Auswertung von Material umso schwieriger, je mehr Material zur Verfügung steht.
Aber die Vertiefung von Thesen kommt in „Alles unter Kontrolle“ kaum vor. Kaum hat der Kryptograf Schneier seinen Satz vollendet, eilen Werner Boote und der Film schon weiter nach Indien, um sich dem Big-Brother-Projekt der „weltweit ersten Online-Identitätskarte“ zu widmen. Deren Missbrauch, wie die zuständige Amtsträgerin versichert, selbstverständlich ausgeschlossen ist.
So kehrt man am Ende des Films beeindruckt, aber kaum klüger von der Daten-Weltreise zurück. „Die digitale Welt ist verführerisch“, sagt Werner Boote. Stimmt. „Aber der Preis ist hoch: Die totale Kontrolle.“ Stimmt wohl auch. Welche Maßnahmen jeder von uns setzen kann, um diese Kontrolle zumindest einzudämmen – davon spricht der Film im Grunde nicht.
 
IDEAL FÜR: die Bewohner der digitalen Welt.






Trailer
LÄNGE: 93 min
PRODUKTION: Österreich 2015
KINOSTART Ö: 25.12.2015
REGIE:  Werner Boote
GENRE: Dokumentation
ALTERSFREIGABE: ab 6