Alle Jahre wieder

Weihnachts-Komödie ohne Schmalz & Kitsch


FilmClicks:
Was für ein Familien-Idyll: „Alle Jahre wieder – Weihnachten mit den Coopers“ © Studiocanal
DIE STORY: „Alle Jahre wieder“ kommt nicht nur das Weihnachtsfest, sondern auch das festliche Filmprogramm. Die Komödie „Weihnachten mit den Coopers“ fällt insofern aus dem gewohnten Rahmen, als sie nicht krampfhaft-kitschig eine ultraheile Welt vorgaukelt, sondern echte Konflikte auf die Leinwand bringt.
Denn bei den Coopers hängt der Haussegen gründlich schief. Die Ehe von Sam und Charlotte Cooper (John Goodman und Diane Keaton) steht nach 40 Jahren vor dem Aus. Tochter Eleanor (Olivia Wilde) angelt sich fürs Familienfest ausgerechnet einen Soldaten (Jake Lacey) als Kurzzeit-Freund, um nicht wieder als Single auftreten zu müssen. Sohnemann Hank (Ed Helms) will verschweigen, dass er neuerdings arbeitslos ist.
Charlottes ewig eifersüchtige kleine Schwester Emma (Marisa Tomei) droht das Dinner zu verpassen, weil sie bei den Weihnachtseinkäufen zwar die Geschenke mitnahm, aber das Bezahlen vergaß. Und weil sie folgerichtig festgenommen wurde. Schließlich gibt’s noch den alten Bucky (Alan Arkin), dem die Familie im Prinzip wurscht ist, die väterliche Beziehung zur unglücklichen Kellnerin Ruby (Amanda Seyfried) aber heilig.
Der schöne Schein bleibt bei dieser Versuchsanordnung nicht lange aufrecht. Aber wenn die Fassaden purzeln, entsteht eine Form der Aufrichtigkeit, die ehrliche Gefühle keimen lässt.

Diane Keaton & John Goodman: Ein Paar, das zärtlich der Scheidung entgegendriftet © Studiocanal

DIE STARS:  Regisseurin Jessie Nelson („Ich bin Sam“) versammelt viel Hollywood-Prominenz unter dem Christbaum. John Goodman („The Big Lebowski“) und Diane Keaton („Der Stadtneurotiker“) spielen genauso in der ersten Liga des Showbiz wie Alan Arkin („Argo“) und Marisa Tomei („Mein Vetter Vinnie“). Ed Helms („Hangover“), Amanda Seyfried („Mamma Mia!“), Olivia Wilde („Tron: Legacy“) und Anthony Mackie (derzeit auch in „Die highligen drei Könige“ im Weihnachts-Kinoeinsatz) stehen ihren Kollegen nicht nach.  
 
Ein seltsames Paar: Die Intellektuelle (Olivia Wilde) und der Soldat (Jake Lacey) © Studiocanal

DIE KRITIK:
Wenn es sinngemäß heißt: „Ich liebe dich mehr, wenn ich nicht bei dir bin“, oder „Es geht nicht um eine große Verletzung, sondern um tausend kleine Stiche, erlitten in 40 Jahren“ – dann passen solche Sätze perfekt in jedes Beziehungsdrama. Aber nicht unbedingt in eine Weihnachtskomödie.
Der Film mit dem sperrigen Titel „Alle Jahre wieder – Weihnachten mit den Coopers“ ist da anders. Regisseurin Jessie Nelson nutzt das bewährte Episoden-Format,  um viele kleine Geschichten zu verknüpfen, die auf sentimentale Art unsentimental sind. Oder auch auf unsentimentale Art sentimental.
Natürlich liegt der Blues als Grundierung über dem Familienfest. Die Coopers würden gern so tun, als sei alles eitel Wonne und Waschtrog in ihrem Leben. Aber die Probleme sind zu groß, um einfach unter den Teppich gekehrt zu werden. Scheidung, Einsamkeit, Arbeitslosigkeit – da braucht man nur ein wenig zu warten, bis die Fassaden purzeln.
Wie bei Episodenfilmen üblich, stehen stärkere neben schwächeren Geschichten. Das langsame Auseinanderdriften der Ehe-Veteranen Sam und Charlotte etwa wird mit berührender melancholischer Zärtlichkeit geschildert, in die auch so manche  bittere Pointe gewebt ist. John Goodman und Diane Keaton spielen das scheiternde Paar ganz famos mit vielen Zwischentönen.
Großartig ist auch Olivia Wilde als smarte junge Frau, die es nicht länger erträgt, stets gefragt zu werden, warum sie immer noch Single ist. Dass sie, die liberale Intellektuelle, dann ausgerechnet einen schlicht gestrickten Soldaten in Reiseuniform anhaut, um für einen Abend ihren Lebensabschnittsbegleiter zu mimen, hat etwas grotesk Komisches.
Grotesk ist auch eine Szene zwischen Marisa Tomei und Anthony Mackie: Sie sitzt als ertappte Ladendiebin im Polizeiauto, das von ihm als Cop gefahren wird. Wie sie dann versucht, sich als Therapeutin auszugeben, um dem verschlossenen Polizisten menschlich näherzukommen (und der Zelle zu entgehen), das hat Charme und scharfen Witz: „Sind Sie schwul?“ – „Nein. Nur im Bett“.
Manchmal wirkt der Film wie eine geschliffene Screwball Comedy, die den Freunden und den Verächtern von familiärer Innigkeit  gleichzeitig Munition liefert. Dafür nimmt man auch schwächere Episoden in Kauf (Ed Helms etwa ist ein sehr, sehr blasser Arbeitsloser). Doch der Film kratzt die Kurve zu einem Finale, das zwar kein schmalziges Hollywood-Happy-End, aber ein gutes Ende findet.
 
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die mal einen Weihnachtsfilm der herben Art sehen wollen.






Trailer
LÄNGE: 107 min
PRODUKTION: USA 2015
KINOSTART Ö: 04.12.2015
REGIE:  Jessie Nelson
GENRE: Komödie


BESETZUNG
Diane Keaton: Charlotte
John Goodman: Sam
Marisa Tomei: Emma
Anthony Mackie: Williams
Olivia Wilde: Eleanor
Ed Helms: Hank
Alan Arkin: Bucky
Amanda Seyfried: Ruby