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20.000 Days On Earth
Nick Cave blickt auf die Welt
DIE STORY: Hinter „20.000 Days on Earth” steckt die Schilderung eines beliebigen Tages aus dem Leben des Kultsängers Nick Cave. Es wird irgendein Tag gewesen sein, der hier gefilmt wurde. Aber da der frühere Brachial-Popper und Immer-Noch-Düster-Romantiker Nick Cave nichts Normales mag, wurde der 20.000 Tag seines Erscheinens auf dieser Welt zum Anlass genommen, in diesem sehr schönen Semi-oder Pseudo-Dokumentarfilm dem Künstler und Menschen näher zu kommen.
Es ist ein Tag, an dem Cave viel Auto fährt (dabei tauchen wie Schattenwesen Kollegen wie Blixa Bargeld oder Kylie Minogue auf), an dem er zum Seelenklempner geht, mit seinen Kids Pizza futtert, nebenbei Filmkunst guckt und am Abend dem Publikum das gibt, was es am liebsten mag: wundervolle Schmerzensgesänge.
DER STAR: Nick Cave, 57, hat eine wundervolle Karriere hinter sich. Erst mit seiner Krachband „Birthday Party“ daheim in Australien. Später dann mit den „Bad Seeds“ – zeitweise von Berlin aus gelebt und gesteuert. Schließlich Cave als Solo-Künstler, als Soundtrack-Komponist, als Romancier und so weiter und so fort. All diese Facetten kommen in „20.000 Days“ – neben ein paar privaten Anekdoten – zur Sprache.
DIE KRITIK: Nick Cave vor der Kamera eines Menschen, der ihn befragt und dem er auf Gedeih und Verderben ausgeliefert ist: Solche Situationen, das hat der Australier mehrfach betont, mag er nicht. Das ist einer der Gründe, warum er nur extrem selten in Spielfilmen auftaucht.
Kontrollverlust. Dieses Wort muss Cave noch mehr hassen als Haarverlust. Deshalb ist „20.000 Days on Earth” auch kein Dokumentarfilm, wie man ihn eigentlich kennt. Normalerweise geht der Filmer los und sucht sich ein Thema. Nick Cave hingegen war das Regie-Duo Iain Forsyth und Jane Pollard bei Dreharbeiten zu Videos für sein Album „Push the Sky away“ aufgefallen. Er wollte gern mehr mit den beiden drehen und so entstand gemeinsam die Idee zu diesem Film, der wohl all das ausdrückt, was Nick Cave schon immer mal sagen wollte.
Und ja, auch wenn Sie kaum ein Nick-Cave-Lied kennen, aber beim Lesen dieser Zeilen unweigerlich seinen größten Hit „Where the wild roses grow“ gesummt haben, auch über den wird gesprochen. Natürlich mit Kylie Minogue. Ebenso taucht der Langzeit-Kreativ-Kollege Blixa Bargeld (Einstürzende Neubauten) auf und erklärt, warum er damals die „Bad Seeds“ verließ. Viele kleine nette Schnurren am Wegesrand.
Aber Nick Cave geht es eigentlich darum, seinen Hörern und Fans zu erklären, was es ihn seelisch und körperlich kostet, seine Musik – die viele Menschen tief im Innersten berührt – herzustellen. Nick Cave spricht in einen Spiegel, mit Kollegen der aktuellen Band, mit einem Psychologen. Der Musiker legt kontrolliert etwas von seinem Seelenwesen frei. Seine Musik wird man danach sicher nicht mit anderen Ohren hören. Aber vielleicht noch ein bisschen aufmerksamer.
Und am Ende, wenn Nick Cave auf der Bühne zu einem Wesen „nicht von dieser Welt“ wird, wenn er Gott und Teufel gleichzeitig gibt, wenn er die Rock`n`Roll-Sau rauslässt, dann darf man ruhig mal klatschen im Kino. Muss ja nicht frenetisch sein. Obwohl er es verdient hätte!
IDEAL FÜR: alle Nick-Cave-Fans (und solche, die nur noch nicht wissen, dass sie welche sind), die ihrem Star hier so richtig schön kunstvoll nahe kommen können.
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