DIE STORY: Das Drama „120 BPM“ geht nach Paris – in die Neunziger Jahre. Das schwule Leben ist längst überschattet vom Schreckenswort AIDS. Die Infektion hat seit den Achtzigern bereits viele Opfer gefordert.
Die Aktivisten von Act Up Paris stellen sich der furchtbaren Krankheit an verschiedenen Fronten. Sie klären auf. Sie kämpfen gegen die Pharma-Industrie. Doch immer mehr Mitglieder der Gruppe erkranken und drohen zu sterben.
DIE STARS: Bis auf Adèle Haenel begegnet man Gesichtern, die man bisher nicht oder nur sehr wenig auf der Leinwand gesehen hat. Eine gute Entscheidung des Filmemachers Robin Campillo, denn so achtet man nur auf die Story. Für „120 BPM“ bekam Campillo im Mai 2017 bei den Filmfestspielen von Cannes den Großen Preis der Jury.
DIE KRITIK: „120 BPM (Beats Per Minute)“ - das klingt erst einmal wie der Titel eines Films über das ausgelassene Tanzen in den Pariser Clubs der Neunziger Jahre. Ist es auch in gewisser Weise. Es wird viel getanzt und musiziert in diesem Drama. Aber noch viel mehr wird geredet. Andauernd und bis zur Erschöpfung. Denn „120 BPM“ lenkt den Fokus auf die AIDS-Aktivisten von Act Up Paris, die sich Anfang der Neunziger zusammenschlossen und sich erst einmal finden mussten.
Der Film zeigt etliche Debatten in einer Art Hörsaal. Da wird ausführlich darüber diskutiert, wie man der Gesellschaft klarmachen kann, wie homosexuelles Leben funktioniert, wie man sich gegen die Krankheit AIDS stellt, wie man mit der pharmazeutischen Industrie wahlweise redet oder sie attackiert. Es ist ein ständiger, nie enden wollender Redefluss, den Regisseur Robin Campillo da zeigt.
Einige der Aktivisten werden im Laufe des Films näher vorgestellt. Die bekannteste Schauspielerin im Cast, die wie immer famose Adèle Haenel, kommt leider nur am Rande vor. In der Hauptsache geht es um die Liebe der Protagonisten Sean und Nathan. Beide haben AIDS. Einer wird die Krankheit auf jeden Fall nicht überleben.
Mit großer Sorgfalt und Zärtlichkeit blickt der Regisseur auf diese Liebe. Zeigt auch - was sicher nicht jedem Zuschauer gefallen dürfte - die beiden mehrmals beim Liebesspiel. Lässt sie viel über Tod und Leben reden. Das ist berührend – doch insgesamt hätten dem Film weniger Dialogpassagen gut getan.
IDEAL FÜR: Kinogänger, die mehr über die Schwulen- und Lesbenbewegung im Zeichen von AIDS wissen wollen.