Viennale 2015

Die Festival-Bilanz: Kein Rekord, doch ein starker Jahrgang

05.11.2015
Wiener Filmpreis: Gemeinderätin Elisabeth Vitouch mit Gewinnern J. Brossmann, V. Franz & S. Fiala © Viennale / Tuma
Die Viennale 2015 zieht Bilanz: 94.100 Besucher, 377 Vorstellungen (davon 123 ausverkauft) und 76,4 Prozent Auslastung. Das sind stolze Zahlen, doch das Wiener Filmfest verfehlte die Rekordzahlen des Vorjahres, als 98.200 Besucher kamen. Viennale-Chef Hans Hurch trägt den leichten Rückgang mit Fassung: „Dass die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr nicht beliebig zu steigern sind, dürfte niemanden überraschen. Wichtig scheint uns, die Besonderheit der Viennale, zugleich Stadt- und Publikumsfestival sowie international anerkanntes Filmereignis zu sein, auch in Zukunft weiterzuentwickeln." Am 5. November endete die Viennale nach 14-tägiger Dauer mit der Preisverleihung.  Die Doku „Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann wurde dabei gleich zwei Mal ausgezeichnet.
Wiener Filmpreis
(Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von je 17.000 Euro)

Spielfilm:
„Ich seh Ich seh“ von Veronika Franz und Severin Fiala (Österreich 2014)

Horror als Kunstform: „Ich seh Ich seh“ © Stadtkino Verleih

Jury-Begründung: „Der Film transformiert die Figur einer jungen Frau, die den Erwartungen ihrer Kinder nicht mehr entspricht, zur Quelle des Horrors. In der absoluten Überzeichnung wird die Rolle der Mutter als brutale Zumutung, in die das Scheitern eingebaut ist, vorgeführt.“
 
Dokumentation:
„Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann  (Österreich/Italien/Schweiz 2015)

Optimistischer Film zur Flüchtlingskrise: „Lampedusa im Winter“ © Filmladen

Jury-Begründung: „Der Film beeindruckt durch die Art und Weise, wie er die komplexe Problemlage der Menschen in Lampedusa nachzeichnet, das Bild einer Insel wiedergibt, die nicht nur um ihr eigenes ökonomisches Überleben kämpft, sondern auch mit den ankommenden Flüchtlingen zurecht zu kommen versucht. Dieser Film macht Mut.“
Österreich-Kinostart: 6. November 2015
 
Standard-Viennale-Publikumspreis
(Preis für einen Film, der in Österreich noch keinen Verleih hat. Findet der Film einen Verleih, ist der Kinostart mit kostenlosem Anzeigenraum in der Tageszeitung „Der Standard“ verbunden)

„A Uma Hora Incerta“ von Carlos Saboga (Portugal 2015)

Sinnlich und erotisch: „A Uma Hora Incerta“ © Viennale

Jury-Begründung: „Eine Vater-Tochter-Beziehung in einer Geschichte über Varrat, Intrigen, dunkle Begierde und Neugier im Portugal der 1940er Jahre. Wir waren begeistert von den komplexen Charakteren, die immer verführen. Aber nie erklären. Sinnlich, reich, erotisch, verflochten – wir lieben diesen Film.“
 
MehrWert-Filmpreis der Erste Bank
(je ein Aufenthalts-Stipendium für einen Monat in New York. Werkpräsentation in New York. Reisekosten und finanzieller Zuschuss)

MehrWert-Preis: Hans Hurch, Gewinner J. Grossmann & Claudia Larcher, Ruth Goubran (Erste Bank) © Viennale Tuma

Langfilm:
„Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann  (Österreich/Italien/Schweiz 2015)

Jury-Begründung: „Eine berührende, aufrüttelnde und tröstliche Dokumentation. Politisch und zugleich optimistisch zeigt sie auf vorbildliche Weise eine kleine und in sich abgeschlossene Welt. Die Insel und ihre Bewohner stehen für ein würdevolles Leben unter besonders schwierigen Bedingungen.“
 
Kurzfilm:
„Self“ von Claudia Larcher (Österreich 2015
)
Jury-Begründung: „Haut – unser vertrautestes und intimstes Sinnesorgan – verwandelt sich in diesem Kurzfilm in eine faszinierende akustische und visuelle Seelenlandschaft voller Abgründe fremdartigen, unheimlichen Lebens.“
 
FIPRESCI-Preis der Internationalen Filmkritik

„Coma“ von Sara Fattahi (Syrien/Libanon 2015)

Eine Doku aus dem Bürgerkrieg in Syrien: „Coma“ © Viennale

Jury-Begründung: „Ein Home-Movie aus dem winterlichen Damaskus, eine Isolations-Studie, ein Kriegs- und Familienfilm: Eine junge Frau dokumentiert die Stagnation ihres Lebens mit Mutter und Großmutter, eingeschlossen in ihrer Wohnung, während draußen der Bürgerkrieg tobt. Der Ausnahmezustand als Alltagssituation. Die Erfahrung des Verlusts verwandelt sich in der Kunst, in diesem Film, in einen Gewinn.“