Protest. „Auf Deutsch gesagt, blunzendeppert“ müsse man sein, um das zuzulassen, was derzeit die österreichische Filmszene bedroht, grollt Star-Kabarettist Lukas Resetarits: „Nach dem Neujahrskonzert ist das österreichische Filmschaffen der große Exportschlager im Kulturbereich. Das kann man abdrehen, wenn man ganz blöd ist.“ Oder eben „blunzendeppert“.
Die Resetarits-Attacke ist Bestandteil des Drei-Minuten-Videos der Initiative
filmfernsehfreunde.at, das am Dienstag bei der Diagonale-Eröffnung Premiere hatte. Die Fakten: „Die österreichische Filmbranche befindet sich unverschuldet in einer existenzbedrohenden Situation. Durch den Wegfall der Gebührenbefreiung will sich der ORF gezwungen sehen, ein Drittel seiner Aufträge bei den heimischen Filmschaffenden zu kürzen.“
Deshalb schlagen die Stars der Austro-Szene Alarm. SchauspielerInnen wie Birgit Minichmayr und Ursula Strauss, Maria Hofstätter und Erni Mangold, Manuel Rubey und Johannes Krisch. Kabarettisten wie Josef Hader, Alfred Dorfer und Lukas Resetarits. Regisseure wie Andreas Prochaska, Wolfgang Murnberger oder Michael Kreihsl. Dazu Produzenten wie Helmut Grasser und Kurt Stocker: Sie alle sind in dem Video zu sehen, das auf die „äußerst schwierige“ Situation aufmerksam macht, die Josef Hader wie ein „absoluter Irrsinn“ vorkommt.
Schließlich, so das Argument der Szene: „Der ORF schädigt sich selbst, denn heimisches Programm hat zwei bis drei Mal mehr Quote als zum Beispiel zugekaufte amerikanische Serien.“ Die Filmschaffenden haben in ihrem Video, das hier auch auf FilmClicks veröffentlicht wird, ein Gegenmittel parat: „Wir fordern, dass im Rundfunkgesetz festgehalten wird, dass der ORF verpflichtend 20 Prozent seiner Gebühreneinnahmen für die Produktion von Filmen, Dokumentationen und TV-Serien in Österreich verwendet.“ Wer diese Forderung unterstützen will, kann auf
www.filmfernsehfreunde.at unterschreiben.
Eröffnungsfilm. Der Eröffnungsfilm der Diagonale 2014 wäre ohne die Produktionsmittel des ORF vielleicht gar nicht entstanden: Die großartige Dokumentation „Das große Museum“ wurde (auch) durch Gelder aus dem sogenannten Film-Fernseh-Abkommen finanziert, das - noch - vom ORF gespeist wird.
Regisseur Johannes Holzhausen, der vier Jahre an dem Projekt arbeitete, zeigt das Kunsthistorische Museum in Wien so, wie man es noch nie gesehen hat. Nämlich aus tausend Blickwinkeln hinter den Kulissen. Man schaut Restauratoren über die Schulter. Man folgt den Spuren kleiner Käfer, die Ölgemälde anknabbern. Man erfährt eine Menge über die optimale Hängung der Bilder („dann mach‘ ma die ,Ehebrecherin‘ oben!“). Und man wird Zeuge vieler ernster oder auch skurriler Momente im Alltag eines der berühmtesten Museen der Welt.
„Das große Museum“ ist eine Dokumentation, die das Zeug zum Publikums-Hit hat - im Kino genauso wie im Fernsehen. Das Werk begeistert, weil die schöne Kunst hier in einen filmischen Rahmen gestellt wird, der vor Klugheit, Humor, Fachwissen und Überraschungen nur so birst.
Barbara Pichler. Filme wie „Das große Museum“ passen perfekt zum Attribut „großartig“, das Diagonale-Intendantin Barbara Pichler in ihrer Eröffnungsrede ansprach: „Der Blick auf den österreichischen Film zeigt ein sehr lebendiges Bild. Alles ist in Bewegung.“ Allerdings monierte die Festival-Chefin die „immer stärkeren ökonomischen Erwartungen“ gegenüber der Filmbranche und die vorherrschende „Dominanz der Zahlen“. Ihre Expertise: „Es fehlt an Respekt für das, was Kunst und Kultur für eine Gesellschaft leisten. Im Filmgeschäft herrscht die Erwartung, dass alles immer besser wird, auch wenn die finanziellen Mittel stagnieren oder rückläufig sind.“ Pichler kritisierte eine „eindimensionale Wachstumslogik,eine Erfolgsidee, die am Ende nichts anderes ist als ein geistiges Pyramidenspiel“.
Josef Osterrmayer. Zu den Zuhörern der Rede Barbara Pichlers gehörte auch Minister Josef Ostermayer, der zur Eröffnung des Festivals des österreichischen Films nach Graz gekommen war. Was den Budget-Konflikt mit dem ORF betrifft, forderte „Das große Museum“-Regisseur Johannes Holzhausen den Minister auf, „den gordischen Knoten mit einem Schwerthieb zu zerhacken“.
Georg Friedrich. Im Rahmen der Diagonale-Eröffnung wurde der Große Schauspielpreis des Festivals verliehen - an Georg Friedrich. Der Wiener, berühmt für sein grenzgängerisches Spiel, bekundete, er habe von seiner Ehrung im Billard-Café erfahren. Denn: „Ich mache daheim die Post nicht gern auf. Ich lass‘ sie monatelang liegen, bis alles verjährt ist. So kommt’s dann vor, dass ich Sachen, die mich betreffen, auf der Straße erfahre.“ Friedrich schloss seine Rede mit einer Parodie auf die Oscar-Danksagungen: „Ich möchte mich zuletzt bei meinen Eltern bedanken, die immer an mich geglaubt haben, und so weiter.“
Wettbewerb. Die Grazer Diagonale steht jetzt bis zum 23. März ganz im Zeichen des österreichischen Filmschaffens. Insgesamt werden 192 Filme und Videos gezeigt, von denen 106 in den vielen Kategorien des
Wettbewerbs laufen. Am 22. März findet die Preisverleihung statt.