GESAMTEINDRUCK: „Widows – Tödliche Witwen“ ist ein rasanter Mix aus Thriller, Gangster-Movie und Gesellschaftskritik, mit Powerfrauen in den Hauptrollen und „12 Years A Slave“-Mastermind Steve McQueen am Regiestuhl.
DIE STORY: Als der kriminelle Ehemann (Liam Neeson) von Veronica (Viola Davis) bei seinem letzten großen Coup ums Leben kommt, bleibt der luxusverwöhnten Witwe nicht viel Zeit zum trauern. Denn Harry hat ihr zwei Millionen Dollar Schulden hinterlassen. Und die fordert der brutale Gangster Jamal Manning nun von ihr zurück. Mangels Alternativen beschließt Veronica, in die Fußstapfen ihres Ehemannes zu treten. Gemeinsam mit den zwei Ehefrauen von Harrys besten Kumpels, nunmehr ebenfalls Witwen, will sie seinen kriminellen Plan zu Ende bringen.
DIE STARS: Der britische Regisseur und Oscar-Preisträger Steve McQueen („12 Years A Slave“) schickt für den Thriller ein starkes Starensemble auf die schiefe Bahn. Hauptdarstellerin Viola Davis gewann 2015 als erste Afroamerikanerin den Emmy („How To Get Away With Murder“) und räumte 2017 den Oscar als Beste Nebendarstellerin ab („Fences“). Ihre Gangster-Kollegin Michelle Rodriguez bewies bereits mit ihrem Hollywood-Debüt „Girlfight“ (2000) – und später in der „Fast & Furious“-Reihe – das Zeug zur Action-Heldin.
Die dritte Witwe im Bunde, Elizabeth Debicki, kennt man aus „The Great Gatsby“, „Guardians of the Galaxy“ und der LeCarré-TV-Verfilmung „The Night Manager“. Mit Cynthia Erivo, die die Fluchtfahrerin mimt, gibt eine gestandene Broadway-Schauspielerin ihren großen Hollywood-Einstand.
In den männlichen Parts glänzen Liam Neeson („Schindlers Liste“, „Batman Begins“, „96 Hours“) – wenn auch nur kurz – als Gangster und Colin Farrell („Brügge sehen… und sterben?“) als nicht ganz lupenreiner Politiker.
DIE KRITIK: Ahnungslose Ehefrau, trauernde Witwe, kriminelle Gang-Chefin: Veronica (Viola Davis) vollzieht in „Widows“ die Wandlung im Rekordtempo. Denn in Steve McQueens Thriller, basierend auf der gleichnamigen 80er-Jahre-Miniserie, ist Zeit Geld. Im wahrsten Sinn des Wortes.
Der Film startet als rasantes Spezialeffekt-Gewitter: Als Veronicas Ehemann (Liam Neeson) mit seinen Kumpels eine Bank ausraubt, geht nichts nach Plan. Das Geld kaum eingesackt, setzt es Schüsse, Explosionen, das Fluchtauto fliegt in die Luft. Veronica ist mit einem Schlag Witwe. Und sitzt obendrein auf einem Schuldenberg. Die Tränen fließen, Veronica kann nicht glaube, was passiert ist. Gangster-Boss Jamal (Brian Tyree Henry) sitzt ihr im Nacken. Schnitt.
Keine 15 Minuten später ist Veronica nicht mehr wiederzuerkennen. Gemeinsam mit den Witwen von Harrys kriminellen Kumpels (Michelle Rodriguez, Elizabeth Debicki) sitzt sie über dessen streng geheimen Plänen, tüftelt, wie sie den geplanten Coup doch noch durchziehen kann. Und auch wenn das Trio bis auf die toten Ehemänner so gut wie nichts verbindet, das Misstrauen groß ist und die Sympathie klein, rauft man sich des lieben Geldes wegen schnell zur eingeschworenen Gang zusammen. Friseurin Belle (Cynthia Erivo), eher zufällig hineingeraten, komplettiert das Quartett.
Was danach folgt, ist ein rasanter Heist-Thriller mit viel Action, überraschenden Wendungen und vier Powerfrauen, die ihren verblichenen Männern in Sachen Kaltschnäuzigkeit bald um nichts mehr nachstehen. Dennoch ist „Widows“ mehr als nur Gangsterkino. Dank unterschiedlichster Nebenhandlungsstränge entspinnt sich der Film mal zur beißenden Gesellschaftskritik, dann wieder zum Politdrama und zur Charakterstudie. Dass Ober-Bösewicht Jamal, der von Veronica zwei Millionen fordert, in die Politik ziehen will (als Herausforderer von Colin Farrell) sorgt für zusätzlichen Zündstoff im Actionplot.
Als Kontrast führt „Widows“ eindrucksvoll vor Augen, wie unterschiedlich Menschen mit Trauer umgehen: So blüht Veronica in ihrer neuen Rolle als Bandenchefin regelrecht auf, während sich ihre Komplizinnen in heiße Affären und den Job flüchten.
Regisseur Steve McQueen (er schrieb mit „Gone Girl“-Autorin Gillian Flynn auch das Drehbuch) gönnt im Laufe der zwei Stunden weder seinen Hauptdarstellerinnen noch den Zuschauern eine Verschnaufpause. „Widows“ bietet bis zum Schluss solide Thrillerspannung auf erfreulich hohem Niveau.
IDEAL FÜR: Fans von Thrillern, Gangsterfilmen und starken Frauenrollen