Streik

Ein Lehrstück von Profit und Ausbeutung


FilmClicks:
„Streik“: Vincent Lindon (Mitte) spielt den engagierten Gewerkschafter Laurent Amédéo © Filmladen
GESAMTEINDRUCK: „Streik“ ist ein knallhartes und packendes Sozialdrama aus Frankreich: Die Arbeiter einer Fabrik streiken gegen die Konzernbosse, die den Laden trotz Rekordgewinnen dichtmachen wollen – um anderswo noch mehr Geld zu verdienen.
 
DIE STORY: Perrin Industrie ist ein (fiktiver) Konzern, der im südfranzösischen Agen, einer strukturschwachen Gegend, gute Geschäfte macht: Die 1.100 Arbeiter haben der Firma gerade einen Rekord-Jahresgewinn von 17 Millionen Euro in die Kassen gespült. Doch dann schocken die Bosse die Belegschaft mit der Ankündigung, die Fabrik zuzusperren. Die Arbeitskosten in Frankreich sind ihnen trotz ihrer Profite zu hoch. Massenarbeitslosigkeit vor Augen, entschließen sich die Arbeiter und ihre Vertreter zum Streik. Die Auswirkungen des extrem rauen Arbeitskampfs sind bald bis in die Hauptstadt Paris zu spüren.

Die Presse nimmt vom Streik der Arbeiter bald landesweit Notiz © Filmladen

DIE STARS: Vincent Lindon ist der einzige Profi-Darsteller im sehr sehenswerten Laien-Ensemble von „Streik“. Der 60-jährige Lindon zählt zu den führenden Schauspielern Frankreichs. 2016 wurde er für „Der Wert des Menschen“ mit dem César sowie dem Preis für den besten Darsteller in Cannes ausgezeichnet. Schon bei diesem Sozialdrama arbeitete er mit  Regisseur Stéphane Brizé zusammen, der auch bei „Streik“ für das Drehbuch und die Inszenierung verantwortlich ist.
 
DIE KRITIK: Auf der einen Seite stehen die Werktätigen, die um ihre Arbeitsplätze bangen und die ihren Chefs in der Vergangenheit schon so manches finanzielle Zugeständnis gemacht haben. Auf der anderen Seite stehen die Bosse, die den Millionengewinn des Werks gern einstreichen, aber ungerührt ihre Schließungspläne verfolgen. An alte Zugeständnisse, den Betrieb noch eine Anzahl von Jahren weiterzuführen, wollen sie sich nicht mehr halten.
Kurzum: „Streik“ schildert eine Geschichte über Profit und Ausbeutung, wie sie greller kaum sein könnte. Fast wäre man geneigt, die Situation als allzu schablonenhaft zu kritisieren – gäbe es in unserer Zeit von Turbokapitalismus und Shareholder Value nicht laufend Arbeitskonflikte, die exakt diesem Muster folgen. Ein ganz frisches Beispiel aus der Medienbranche: Die deutsche Burda-Verlagsgruppe schmeißt jetzt die komplette Redaktion (53 Mitarbeiter)  ihres erfolgreichen Magazins TV Spielfilm raus, um das Heft von einem billigeren Team billiger herstellen zu lassen.
Im Fall von „Streik“ lässt Autor/Regisseur Stéphane Brizé keinen Zweifel daran, auf welcher Seite seiner Sympathien liegen: Bei den Arbeitern. Der Film konzentriert sich auf die Empörung und die Ängste der Werktätigen, denen durch die Fabrikschließung der finanzielle Absturz droht. Während die Investoren schon neuen Profit-Steigerungen entgegenblicken, wenn sie die Maschinen an einem Niedriglohn-Standort wieder aufbauen.
Brizé hat dem Sozialdrama „Streik“ einen stark dokumentarischen Charakter gegeben. Die meisten Szenen schildern die Diskussionen von Arbeitern und Betriebsräten oder die Wortgefechte, wenn beide Seiten des Konflikts einender zu Verhandlungen gegenübersitzen. Da Streiks in Frankreich bekanntermaßen sehr temperamentvoll ablaufen können, geht es beim Zusammenprall von Protestierern und Exekutive gelegentlich ganz schön wild zu.
Dem Regisseur gelingt dabei ein Drama, das an die Werke des englischen Sozial-Filmers Ken Loach erinnert. „Streik“ schafft es, die Not der kleinen Leute anschaulich zu machen und zugleich jede Menge Anregungen zum Nachdenken zu liefern. Zum Beispiel darüber, wo der sozialen Marktwirtschaft europäischen Musters wohl das Wörtchen sozial verlorengegangen ist – und wie man es wieder zurückgewinnen könnte.    
So ist „Streik“ ein eindringlich gespieltes Sozial- und Wirtschafts-Lehrstück geworden, das Herz und Kopf des Betrachters gleichermaßen berührt. Nur im grellen Finale geht Stéphane Brizé nach Ansicht des Rezensenten einen Schritt zu weit. Da nimmt sich der Film mit einer extremen Szene selbst viel von seiner Wirkung.
 
IDEAL FÜR: Freunde von realistischen Kino-Sozialdramen.






Trailer
LÄNGE: 113 min
PRODUKTION: Frankreich 2018
KINOSTART Ö: 15.08.2019
REGIE:  Stéphane Brizé
GENRE: Drama


BESETZUNG
Vincent Lindon: Laurent Amédéo
Mélanie Rover: Mélanie
Jacques Borderie: Borderie