DIE STORY: Das Drama „Mr. Holmes“ spielt 1947 und handelt vom weltberühmten Detektiv Sherlock Holmes. Im stolzen Alter von 93 Jahren lebt Holmes (Ian McKellen) zurückgezogen in der englischen Provinz Sussex, arbeitet an seiner Biographie, züchtet Bienen und trinkt pünktlich seinen Tee.
Umsorgt von seiner mürrischen Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney) und inspiriert von ihrem 10jährigen Sohn Roger (Milo Parker), der ihn grenzenlos bewundert, fängt Holmes an, sich an seinen letzten Fall zu erinnern, der vor 30 Jahren ein tragisches Ende nahm – und der ihn dazu bewog, seinen Beruf aufzugeben.
Körperlich geht es dem alten Sherlock ganz gut, sein Verstand ist nach wie vor hellwach, sein Erinnerungsvermögen aber schwindet zusehends. Er glaubt, dass Gelee Royal und Japanischer Pfeffer ihn gegen die Demenz schützen können. Schafft er es jetzt, 30 Jahre später, seinen „Meisterfall“ zu lösen?
DIE STARS: Der weltweit geschätzte britische Ausnahme-Schauspieler Ian McKellen (76) ist dem breiten Publikum als Magneto aus den „X-Men“-Filmen und als Gandalf aus den „Herr der Ringe“- und „Hobbit“-Trilogien bekannt. Für „Gods And Monsters“ erhielt er 1998 seine erste Oscar-Nominierung.
„Gods And Monsters“ wurde von Bill Condon inszeniert, der auch bei „Mr. Holmes“ Regie führt. In den Jahren dazwischen bewies Condon eindrucksvolle Vielseitigkeit mit dem Musikfilm „Dreamgirls“, dem Biopic „Kinsey“ und zwei Filmen der „Twilight“-Saga.
Laura Linney (Mrs. Munro) hatte ihren großen Durchbruch 1998 in „Die Truman Show“ (mit Jim Carrey) und sammelte seither drei Oscar-Nominierungen ein – unter anderem mit Bill Condons „Kinsey“. Der elfjährige Milo Parker (Roger) gab sein Filmdebüt 2014 in „Robot Overlords“an der Seite von Ben Kingsley. 2015 spielte er neben Anke Engelke die Hauptrolle in „Gespensterjäger“.
DIE KRITIK: Die Vergänglichkeit und das Altern, Demenz und Depression sind wahrlich keine Themen, die für einen Film kommerziell einträglich sind. Sehr erfreulich also, dass es Werke wie „Mr. Holmes“ gibt, die solche Themen ins Zentrum stellen.
Ian McKellen schafft es grandios, den greisen, gebrochenen Sherlock Holmes zu portraitieren. Gestik und Tonfall sind von einer unglaublichen Präzision. In seinen stahlblauen Augen ist auch ohne Dialog jeder Gemütszustand sichtbar. Das ist britische Schauspielkunst auf höchstem Niveau.
Im Kern ist dieser sehr feinfühlige Film, der auf den Roman „A Slight Trick Of The Mind“ von Mitch Cullin basiert, eine Studie über den letzten Lebensabschnitt und über Freundschaft - voller Wehmut, Melancholie, aber auch Poesie.
Die Thriller-Handlung, die bei einem Film über Sherlock Holmes natürlich nicht fehlen darf, ist fast zweitrangig. Abgesehen vom Alter und seinen Beschwerden steht die Begegnung zwischen den Generationen im Mittelpunkt. Holmes und der kleine Roger (Milo Parker spielt ihn mit frischem Temperament) freunden sich immer mehr an. Was auch der verschlossenen Mrs. Munro gelegentlich ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Der Film ist über weite Strecken auf angenehme Art langsam erzählt; man könnte auch sagen altmodisch. Genau davon profitiert das Drama immens. Action wie in der „Sherlock“-Serie mit Benedict Cumberbach wird nicht geboten. Alles in allem: Ein sehr gelungener philantropischer Film, der vorzugsweise in der Originalfassung gesehen werden sollte.
IDEAL FÜR: Fans von gediegener Schauspielkunst, von Sherlock Holmes und britischem Lebensstil.