GESAMTEINDRUCK: „Es Kapitel 2“: Der zweite Teil der Verfilmung von Stephen Kings Roman-Bestseller „Es“ bietet wie der erste Film großes Grusel-Kino auf hohem Niveau mit tieferer Bedeutung.
DIE STORY: Als im Städtchen Derry grausame Morde geschehen, ahnt der Bibliothekar Mike (Isaiah Mustafa): Das Es ist zurück, das Element des Bösen, das vom düsteren Clown Pennywise (Bill Skarsgard) verkörpert wird. Mike trommelt aus allen Teilen der USA seine Freunde vom
Klub der Verlierer zusammen, die dem Es vor 27 Jahren (und im ersten Film) schon einmal eine Niederlage zufügten. Bill (James McAvoy), Beverly (Jessica Chastain), Richie (Bill Hader), Ben (Jay Ryan) und Eddie (James Ransone) reisen an, um sich Pennywise zu stellen. Doch sie ahnen: Der Schlüssel zum Sieg im Kampf gegen das Monster liegt in ihrer eigenen Vergangenheit verborgen.
DIE STARS: War im ersten Teil von „Es“ ein bravourös agierendes Teenager-Ensemble am Werk, so finden sich im erwachsen gewordenen
Klub der Verlierer nun einige klingende Namen. Jessica Chastain, schon zwei Mal für den Oscar nominiert („Zero Dark Thirty“, „The Help“) übernahm die Rolle der Beverly. James McAvoy („The Last King Of Scotland“, „X-Men“-Reihe) ist als Bill zum Horror-Autor gereift und damit wohl so etwas wie ein Alter Ego von Stephen King. Der Komödiant Bill Hader spielt als Richie einen Comedian, dem bald das Lachen vergeht.
Bill Skarsgard wiederholt seine Rolle als Clown Pennywise. Auch der argentinische Regisseur Andrés Muschietti, der sich nun Andy nennt, ist wie beim Vorgänger-Film wieder im „Es“-Einsatz.
DIE KRITIK: „Es“, der erste Teil, war 2017 der Horrorfilm des Jahres. Mit blendenden Kritiken und Kino-Einnahmen von 700 Millionen Dollar eroberte das Werk den Titel des erfolgreichsten Films, der je im Horror-Genre gedreht wurde. „Packendes Grusel-Kino von erster Qualität“, stand in der
FilmClicks-Rezension.
„Es Kapitel 2“ setzt nahtlos dort fort, wo der Vorgänger aufhörte. Einmal mehr wird mit Kunstfertigkeit und eiserner Konsequenz jene Form von Hochspannung erzeugt, die einem die Haare zu Berge stehen lässt. Zugleich wird auch diesmal auf allzu blutrünstige Szenen verzichtet. Denn der Horror dient bei Stephen King nicht zur Unterhaltung eines auf Gewalt gepolten Publikums, sondern dazu, um die Ängste, Dämonen und Obsessionen zu illustrieren, die im Menschen wohnen.
Das Team um Regisseur Andy Muschietti geht mit großer Raffinesse ans Werk. Der Schrecken beginnt immer wieder fast ansatzlos. Da ist zum Beispiel anfangs eine Szene, in der sich die Freunde aus dem
Klub der Verlierer zum Wiedersehens-Dinner in einem China-Restaurant treffen. Die Stimmung ist gelöst, bis zum Schluss die obligaten Glückskekse serviert werden. Diese enthalten jedoch keine aufmunternden Sinnsprüche, sondern eine alarmierende Botschaft. Und wenn aus den Keksen (und dem Trick-Computer des Filmstudios) dann eklige Mini-Monster herauskrabbeln, dann ahnt man: Das Böse kommt in dieser Geschichte in vielerlei Schattierungen ans Licht. Nicht nur in Gestalt des Clowns Pennywise.
Der Film meistert mit Bravour zwei dramaturgische Herausforderungen. Zunächst müssen die Mitglieder des
Klubs der Verlierer der Reihe nach in ihrem gegenwärtigen Leben vorgestellt werden, ohne dass die Szenen Eintönigkeit erzeugen. Gelungen. Später wiederholt sich diese aufzählende Erzählweise, wenn sich die Helden einer nach dem anderen auf die Spuren der Traumata ihrer Kindheit machen. Auch das klappt vorzüglich, wobei Regisseur Muschietti den Schrecken gelegentlich mit präzise gesetzten Pointen auflockert.
In einer dieser Szenen hat Stephen King einen köstlichen Cameo-Auftritt als Altwarenhändler: Mit James McAvoy, der ja den Schriftsteller Bill spielt, unterhält er sich über die Essenz des Schreibens.
Je näher das Finale und damit das Duell des Klubs mit Pennywise kommt, umso mehr übersiedelt die Geschichte in Phantasie-Welten. Durch ein verwunschenes Haus am Rande von Derry rücken die Freunde in ein unterirdisches Labyrinth vor, in dem das Es auf den Kampf wartet.
Was nun geschieht, ist filmtechnisch überwältigend und inhaltlich eine Variation der alten Geschichte vom Drachen, den es zu töten gilt. Wobei die furchterregendsten Dämonen – Pennywise hin, Pennywise her – unsichtbar sind, weil sie in den Seelen der Menschen wohnen.
Ist es der Autor Stephen King, der zum Publikum spricht, wenn einem immer wieder eingebläut wird, dass das Es ein überragendes Interesse daran hat, die Dämonen wachsen zu lassen? Wäre es umgekehrt ein probates Gegenmittel, die Dämonen einfach nicht mehr ernst zu nehmen?
Fragen über Fragen. „Es Kapitel 2“ liefert eindrucksvolle Antworten. Wenn nach langen und zugleich kurzweiligen 170 Minuten der Abspann läuft, schüttelt man diesen großen Film nicht einfach ab wie ein Stück Popcorn-Kino. Man verlässt den Saal mit viel Stoff zum Nachdenken und zur Diskussion.
IDEAL FÜR: alle Fans des hochklassigen Grusels nach Art von Stephen King.