Der unverhoffte Charme des Geldes

Die Moral in der Unmoral


FilmClicks:
Der Polizist, der Ex-Gangster, der Botenfahrer, das Callgirl, der Anwalt und die Polizistin © Polyfilm
GESAMTEINDRUCK: Die Thriller-Farce „Der unverhoffte Charme des Geldes“ ist ein kritisches und unterhaltsames Lehrstück über den Reichtum, seinen (unrechtmäßigen) Erwerb und seine Verwendung.
 
DIE STORY: Der Frankokanadier Pierre-Paul (Alexandre Landry), mittelloser Doktor der Philosophie und Botendienst-Fahrer, wird zufällig Zeuge eines blutigen Überfalls. Zwei Gangster liegen tot im Staub – neben zwei herrenlosen Taschen voller Geld. Pierre-Paul nimmt die Millionen mit. Fortan sucht er mit zwei ungewöhnlichen Partnern – einem Luxus-Callgirl (Maripien Morin) und einem ökonomisch gebildeten Ex-Straftäter (Rémy Girard) – nach Wegen, die Moneten zu waschen, um damit Gutes für sich selbst, aber auch für die Armen und Obdachlosen zu tun. Eine schwere Aufgabe. Denn neben der Polizei ist auch die Mafia hinter dem Trio und dem Geld her.

Der Lieferwagen-Mann: Pierre-Paul (Alexandre Landry) setzt die Ereignisse in Gang © Polyfilm

DIE STARS: Der kanadische Autor und Regisseur Denys Arcand wurde vor allem durch zwei Filme weltbekannt: In „Der Untergang des amerikanischen Imperiums“ (1986) und „Die Invasion der Barbaren“ (2003; Oscar für den besten fremdsprachigen Film) schildert er gleichermaßen scharfsichtig wie satirisch, was in der Gesellschaft moralisch und politisch alles schiefläuft. Diese Tradition setzt er nun in „Der unverhoffte Charme des Geldes“ (Originaltitel: „La chute de’lempire américain“, also „Der Fall des amerikanischen Imperiums“) fort.
Vor der Kamera agiert ein exzellentes Ensemble frankokanadischer Schauspieler, die man allerdings in unseren Breiten kaum kennt.

Der Advokat: Wilbrod Taschereau (Pierre Curzi) ist ein Schwarzgeld-Spezialist © Polyfilm

DIE KRITIK: „Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen“, formulierte einst Honoré de Balzac. Der Filmemacher Denys Arcand klopft das Zitat in „Der unverhoffte Charme des Geldes“ auf seine Gültigkeit in der Gegenwart ab. Und er wird, wenig überraschend, fündig.    
Kein Zweifel: Die vielen Millionen kanadischen Dollar, um die es hier geht, wurden durch große Verbrechen angehäuft. Erst sammelte ein Gangstersyndikat das Geld auf krummen Wegen ein. Dann versuchten zwei Nachwuchs-Ganoven, dem Syndikat den Schatz zu rauben. Und schließlich landet die Beute bei Pierre-Paul, dem Intellektuellen und Lieferwagen-Piloten, der auch keine Lust hat, die Scheine wieder zurückzugeben. Aber eben nicht (nur), um selbst ein sorgenfreies Leben zu führen. Sondern auch, um das Elend in der Stadt zu lindern.
Wie ein naiver Robin Hood von Montréal stapft dieser Pierre-Paul durch eine ungastliche und gefährliche Welt.  Da der Film als Thriller-Komödie konzipiert ist, werden die Sympathien des Publikums direkt zu ihm gelenkt. Und zu seinen zwei Verbündeten, die wirken, als wären sie einem Märchen entsprungen: Die bildschöne und eh schon steinreiche Edelnutte Camille alias Aspasie verschenkt ihr Herz an den Lieferwagen-Mann. Und der smarte Ex-Gangster Sylvain, auch bekannt als „The Brain“, interpretiert seinen Vorsatz, künftig ein sauberes Leben zu führen, zumindest so, dass er das eigene Team nicht mehr beklaut.
Autor/Regisseur Denys Arcand, 78, lässt das Spiel über die Moral in der Unmoral mit vielen klugen Anmerkungen, aber mit altersmilder Sanftheit ablaufen. Ganz unmerklich richtet er die Aufmerksamkeit von offensichtlichen zu verborgenen Großgaunereien. Korruption und Steuerflucht und so. Organisationen wie das IOC oder die FIFA werden auf der dunklen Seite genannt, und auch der Waffenhersteller Glock.
Als Bindeglied zwischen der ehrenwerten und der weniger ehrenwerten Gesellschaft bekommt die Story einen Advokaten eingebaut, einen Mann mit dem schönen Namen Wilbrod Taschereau (Pierre Curzi). Der auf den ersten Blick sehr honorige Anwalt fand sein Leben lang nichts dabei, vermögenden Ärzten oder Unternehmern den Weg zum nächsten Steuer-Schlupfloch zu öffnen. Also mag er auch seiner Freundin (und Ex-Mätresse) Aspasie nicht nein sagen, als die ihn ganz lieb darum bittet, eine geheime Dollar-Pipeline anzulegen.
So durcheilt der heitere und zugleich sehr kritische Film einen Parcours voller Pointen und Spannungselemente, der vor krimineller, aber auch vor sozialer Energie nur so vibriert. Die mit einem Lächeln servierte Quintessenz: Kavaliersdelikte sind Delikte, die selten von Kavalieren begangen werden. Sondern häufig von Betrügern, die sich selbst zu den Spitzen der Gesellschaft zählen.
 
IDEAL FÜR: alle, die unterhaltsame Filme über ernste Themen lieben. Und natürlich für die Fans des Werks von Denys Arcand.






Trailer
LÄNGE: 129 min
PRODUKTION: Kanada 2018
KINOSTART Ö: 09.08.2019
REGIE:  Denys Arcand
GENRE: Drama|Komödie|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Alexandre Landry: Pierre-Paul Daoust
Maripier Morin: Aspasie / Camille Lafontaine
Rémy Girard: Sylain "The Brain" Bigras
Pierre Curzi: Wilbrod Taschereau
Louis Morissette: Pete La Bauve
Maxim Roy: Carla McDuff