DIE STORY: Das Künstlerdrama „Die Wolken von Sils Maria“ von Olivier Assayas zeigt Kristen Stewart beim Absprung von der „Twilight“-Zone in die Arthaus-Szene.
Zentralfigur der Geschichte ist aber Juliette Binoche, die eine berühmte Film- und Bühnen-Diva namens Maria Enders verkörpert. Ihren Zenit hat diese Maria Enders schon leicht überschritten.
Da bekommt sie vom angesagten Regisseur Klaus Diesterweg (Lars Eidinger)das Angebot, am Theater erneut in jenem Stück aufzutreten, das ihr einst den großen Durchbruch brachte. Allerdings nicht mehr in ihrer Glanzrolle einer jugendlichen Verführerin, sondern als Tragödin. Kann dieser Rollentausch gutgehen? Gemeinsam mit ihrer Assistentin Valentine (Kristen Stewart) denkt Maria Enders darüber nach.
DIE STARS: Die heute 24-jährige Kalifornierin Kristen Stewart wurde seit 2008 durch die Serie der „Twilight“-Vampirromanzen zum Idol zahlloser Teenager in aller Welt. Juliette Binoche machte sich früh mit Filmen wie „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ oder „Die Liebenden von Pont-Neuf“ einen Namen. Ihr Spektrum reicht von Blockbustern wie „Der englische Patient“ (Oscar) und „Chocolat“ bis zu Filmkunstwerken von Michael Haneke („Code: unbekannt“; „Caché“).
Chloe Grace Moretz, 17, gelang 2010 der Durchbruch mit der rauen Action-Komödie „Kick-Ass“. Der Berliner Lars Eidinger („Alle anderen“) ist einer der wichtigsten Schauspieler des jungen deutschen Kinos.
DIE KRITIK: Verkehrte Welt. Im wirklichen Leben ist es Hollywood-Topstar Kristen Stewart, die eine Existenz unter Aufsicht der Öffentlichkeit führt. Im Film spielt sie jetzt eine Frau im Hintergrund. Mit Woody-Allen-Brille, ein paar Tattoos und vielen Handys tritt sie in „ Die Wolken von Sils Maria“ als Assistentin und Vertraute der berühmten Diva Maria Enders (Juliette Binoche) auf. Ihre Val ist eine rundum sympathische Figur: Direkt, unprätenziös, mit beiden Beinen auf der Erde verwurzelt und nie um einen guten Rat verlegen.
Dieser gute Rat ist stark gefragt. Juliette Binoche steht als Maria Enders vor einem Angebot, von dem sie nicht weiß, ob sie es nicht besser ablehnen sollte.
Als 18-Jährige wurde sie einst berühmt mit dem Part eines Lolita-haften Mädchens, das eine ältere Frau um den Finger wickelt. Jetzt soll sie in einer Neuproduktion am Theater die Rolle der Älteren übernehmen, die am Schluss Selbstmord begeht. Als frische Neuentdeckung ist das Schmollmund-Girlie Jo-Ann (Chloe Grace Moretz) am Start. Kann das gutgehen – ohne Eifersucht und ohne die Gefahr, dass der Mythos der Diva angekratzt wird?
Schließlich unterschreibt Maria Enders einen Vertrag. Gemeinsam mit Assistentin Val zieht sie sich in die Einsamkeit des Schweizer Ferienorts Sils Maria zurück, um den Text einzustudieren.
Der französische Filmemacher Olivier Assayas, der zuletzt mit dem Terror-Drama „Carlos“ hochpolitisches Spannungskino schuf, kümmert sich in „Die Wolken von Sils Maria“ um das Wesen der Kunst. Sein Film ist eine Elegie über die Liebe zum Schauspiel und die Last des langsamen Älterwerdens. Der Blick hinter die Kulissen des Showbiz ist hochinteressant; die vielen Gespräche sind es auch. Und Kristen Stewart kann als resolute Assistentin viele feine Kontrapunkte zu den Launen ihrer stimmungslabilen Chefin setzen.
Unterm Strich ist „Die Wolken von Sils Maria“ ein feiner, wenngleich etwas spannungsarmer Dialogfilm mit etlichen gescheiten Gedanken. Viele Stammgäste von Arthaus-Filmen werden wohl erstmals nähere Bekanntschaft schließen mit der hochbegabten jungen Schauspielerin namens Kristen Stewart. Ob alle „Twilight“-Fans von dieser intellektuellen Kristen begeistert sind, ist aber eher zweifelhaft.
IDEAL FÜR: Cineasten, die kluge Filme über künstlerische Themen lieben. Und für Kristen-Stewart-Fans, die ihr Idol auf neuen Wegen begleiten wollen.