DIE STORY: „By The Sea“ ist ein Ehe-Melodram, für das Hollywoods Traumpaar Nr. 1 vor der Kamera agiert: Brad Pitt und Angelina Jolie (sie schrieb auch das Drehbuch und führte Regie). Die beiden spielen ein elegantes amerikanisches Ehepaar, das sich für einen Urlaub vor traumhafter Kulisse an der Küste Südfrankreichs einmietet. Doch der schöne Schein zaubert den beiden kein Lächeln ins Gesicht. Offenkundig steckt die Ehe in einer tiefen Krise. Roland (Pitt) ist ein scheiternder Schriftsteller, der seine Schreibhemmung im Alkohol ertränkt. Vanessa (Jolie), einstmals Tänzerin, ist zur Schmerzensfrau erstarrt, die weitgehend verstummt ihre Depressionen auslebt.
Erst als ein junges Paar (Mélanie Laurent und Melvil Poupaud) im Nebenzimmer einzieht, erwacht in Roland und Vanessa wieder ein Hauch von Leben. Denn die Neuankömmlinge sind erkennbar glücklich – und sie sind auch hungrig aufeinander. Roland hegt die Hoffnung, die unüberhörbare (und, durch ein Guckloch in der Zimmerwand, auch unübersehbare) Sinnlichkeit des anderen Paares könnte seinem verdorrten Sexleben mit Vanessa frisches Feuer einhauchen.
DIE STARS: Brad Pitt und Angelina Jolie alias Brangelina sind in der Filmwelt das Glamour-Gespann schlechthin. In „By The Sea“ stehen sie erstmals seit ihrer Action-Komödie „Mr. & Mrs. Smith“ (2005) wieder gemeinsam vor der Kamera.
Diese wird vom Österreicher Christian Berger bedient. Angelina Jolie, Hauptdarstellerin, Autorin und (zum dritten Mal) Regisseurin, engagierte den Tiroler aus Wien, der vor allem für seine Zusammenarbeit mit Michael Haneke bekannt ist (für die Kamera zu „Das weiße Band“ erhielt Berger eine Oscar-Nominierung).
DIE KRITIK: Der Anfang von „By The Sea“ macht Freude und weckt Sehnsüchte. Südfrankreich in den 1970er Jahren: Brad Pitt und Angelina Jolie alias Roland und Vanessa gondeln in einem der schönsten Autos aller Zeiten, einem Citroen DS Cabrio, durch die Sonnenlandschaft Südfrankreichs. Das blaue Meer und der blaue Himmel strahlen um die Wette.
Dann beziehen die beiden eine feine Suite in einer kleinen Herberge. Dann folgt der erste Besuch in einem stimmungsvollen Bistro, wo der Wirt (Niels Arestrup) für gute Getränke und gute Sprüche zuständig ist: Ach, wie gern wäre man doch selber dort!
Die wunderbaren Bilder von Kameramann Christian Berger tun das ihre dazu, den Betrachter bei Laune zu halten. Berger rückt die Landschaften, die Häuser und die Menschen auf das Vorteilhafteste ins mal üppige und mal geschmackvoll gedämpfte Licht.
So sitzt man eine halbe Stunde lang recht angeregt in diesem Melodram, in dem der Glanz des Ambiente und die Tristesse einer Ehe im krassestmöglichen Gegensatz stehen. Dann sind die Positionen fixiert und definiert: Roland und Vanessa sind ein Paar, dem die Sprache abhanden gekommen ist, und nicht nur das. Er kann nicht mehr schreiben (was für einen Schriftsteller furchtbar ist) und sie kann nicht mehr lachen (was für jeden Menschen furchtbar ist).
Nach dieser halben Stunde allerdings stellt sich die Frage: Was nun? Jetzt würde es frischen Sauerstoff für das Ehedrama brauchen, mit großen Konflikten, mit Wortgefechten, mit Anläufen zur Versöhnung.
Die Regisseurin Angelina Jolie zeigt nichts von alledem. Ihr Film wird langsamer und langsamer, bis er mit kleinen Variationen des schon Gezeigten vollkommen still zu stehen scheint: Hier der trinkende Roland. Dort die unglückliche Vanessa. Dann wieder der trinkende… Und so weiter. Nur gelegentlich gibt’s erbitterten Streit.
In dieser besinnlichen Phase (der Film ist mit 122 Minuten sehr lang geraten) gibt es für das Publikum nicht viel Zerstreuung. Man kann sich am zurückhaltenden, angenehmen Spiel von Brad Pitt erfreuen, und an der Attraktivität von Angelina Jolie, die auch als Schmerzensfrau eine Schönheit ist. Und die mit viel nackter Haut vorführt, dass ihre in der Öffentlichkeit verkündeten Brust-Operationen ihrer Weiblichkeit keinen Abbruch taten.
Wenn dann mit der Ankunft eines frisch verliebten jungen Paars wieder etwas Leben auf die Leinwand kommt, ist man im Auditorium schon zu ermattet, um noch einmal Feuer zu fangen für den Film. „By The Sea“ steuert einem Finale entgegen, in dem man erfahren darf, was die Ehe von Roland und Vanessa so stark ins Wanken gebracht hat. Und man bekommt einen Sinnspruch mit auf den Weg, wie sich das Auf und Ab des Lebens am besten bewältigen lässt. Das war’s dann auch schon.
IDEAL FÜR: Brangelina-Fans. Und für Freunde visueller Ästhetik, die die schönen Bilder von Christian Berger genießen wollen.